Handschriften und Historische Drucke
Einbandforschung
Mit der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützten Entwicklung der Einbanddatenbank (EBDB) hat die Staatsbibliothek zu Berlin mit ihrer Abteilung Historische Drucke die führende Rolle auf dem Gebiet der Erschließung und Erforschung des Bucheinbandes des 15. und 16. Jahrhunderts übernommen. Durch den Beitritt weiterer Partner und den Ausbau zu einem internationalen Verbundprojekt hat sich die Einbanddatenbank zum zentralen Nachweisinstrument für deutsche Bucheinbände der Frühen Neuzeit entwickelt.
Die Erfassung der Daten und ihre Bereitstellung im Internet in der Kombination aus Text- und Bilddaten stellt die entscheidende Innovation auf diesem Forschungsgebiet dar. Die Datenbank hat zudem eine normierende Wirkung im Bereich der spezifischen Terminologie und löst zunehmend die gedruckten Repertorien ab. Damit leistet die EBDB den entscheidenden Beitrag für eine data-driven-science in der Einbandforschung.
Das Kompetenzzentrum wird komplettiert durch die Geschäftsstelle des 1996 gegründeten Arbeitskreises für die Erfassung, Erschließung und Erhaltung Historischer Bucheinbände (AEB) und die Redaktion der Zeitschrift Einband-Forschung.
Weitere Projekte zum älteren, aber auch zum modernen Einband ergänzen diese Forschungen: Die Staatsbibliothek strebt an, die bisher zu Unrecht vernachlässigten Verlagseinbände des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in einer repräsentativen Auswahl zu erfassen und im Online-Katalog nachzuweisen. Gerade begonnen wurde mit der Erfassung und Beschreibung der oft äußerst seltenen, handgefertigten Buntpapiere im historischen Buchbestand der Staatsbibliothek. Grundlage dafür ist eine von der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar entwickelte und in Abstimmung mit Mitgliedern des Arbeitskreises Buntpapier erweiterte standardisierte Terminologie. Die Erschließung der Handeinbände aus dem künstlerischen Nachlass des Berliner Buchbinders Werner G. Kießig (1924-2014) sowie die Beschreibungen von Jugendstileinbänden aus einer 2018 erworbenen Sammlung zeigen den Facettenreichtum dieses Forschungsgebiets.
Um die verschiedenen Aktivitäten der Staatsbibliothek zu bündeln und diese Angebote in kompakter Form weltweit für die Forschung komfortabel zur Verfügung zu stellen, plant die Bibliothek die Einrichtung eines zentralen Einbandportals. Angestrebt wird eine Kooperation mit dem Consortium of European Research Libraries (CERL).
Die Arbeit des Kompetenzzentrums basiert ganz wesentlich auf den außergewöhnlich umfangreichen Sammlungen von Einbanddurchreibungen sowie dem historischen Buchbestand der Staatsbibliothek: Die von Paul Schwenkeangelegte Sammlung von Einbanddurchreibungen stellt den mit Einzelstempeln verzierten spätmittelalterlichen Bucheinband in den Mittelpunkt. Max Joseph Husung setzte diese Arbeiten fort und legte den Grundstein für die Einbandsammlung der Staatsbibliothek. Die Einbandforscherin Ilse Schunke hat neben der Bearbeitung und Publikation der Sammlung Paul Schwenkes eine eigene Durchreibungssammlung zum Bucheinband der Renaissance angelegt. Um diese Durchreibungssammlungen zu ergänzen, wurde vor einigen Jahren das von Konrad von Rabenau aufgebaute Einbandarchiv, das als größte Sammlung zum Einbandschmuck der Frühen Neuzeit in Deutschland gilt, angekauft.