Handschriften und Historische Drucke
Verlagseinband
Die Staatsbibliothek zu Berlin besitzt einen überaus umfangreichen Bestand an Drucken des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts und ist im Rahmen der AG Sammlung Deutscher Drucke für den Zeitraum 1871-1912 zuständig.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im Zuge der Industrialisierung die Buchherstellung sprunghaft. Bücher wurden zunehmend mit industriell hergestellten Bucheinbänden verkauft. War vorher jedes Buch noch ein handwerklich unterschiedlich gearbeitetes Einzelstück, entstand nun Massenware.
Der Einband übernimmt eine wichtige Funktion beim massenhaften Verkauf der Bücher, vor allem in der sich entwickelnden Kultur der Schaufenster von Buchhändlern und Warenhäusern. Die Erhaltung der originalen Verlagseinbände ist für die Staatsbibliothek gerade im Zeitsegment der Sammlung Deutscher Drucke ein besonderes Anliegen, da sie nicht selten das einzige vollständige Exemplar deutschlandweit besitzt.
Seit 2007 konnten in der Staatsbibliothek mehr als 1000 Verlagseinbände schonend repariert und somit erhalten werden. Parallel dazu werden Daten zu Künstlern, Buchbindereien, Material bzw. Farbe erfasst. Die Datensammlung VEBD innerhalb des Online-Katalogs soll die Grundlage für eine tiefere wissenschaftliche Erschließung und Erforschung dieses Einbandtyps bilden. Erfasst sind beispielsweise bereits Einbände der Leipziger Buchbinderei Hübel & Denck oder einige Einbände aus Dampfbuchbindereien.
Im Jahr 2017 erwarb die SBB die von dem Kunsthistoriker Graham Dry zusammengetragene ca. 11.000 Bände umfassende Jugendstilbibliothek. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Bände deutscher Belletristik in den originalen Verlagseinbänden. Die Sammlung ist nach Buchgestaltern bzw. Verlagen geordnet und damit eine hervorragende Quelle für die Jugendstil-Forschung und gleichzeitig die gesamte Buchproduktion um die Jahrhundertwende. Bei der Erschließung dieser herausragenden Sammlung werden erstmals Buchbinder, Herstellerfirmen und vor allem Einbandgestalter mit ihren Signaturen bzw. Monogrammen auch in der Gemeinsamen Normdatei erfasst. Ergänzt wird die Sammlung der Originale durch einen umfangreichen Bestand an Sekundärliteratur.
Besonders schön gestaltete Verlagseinbände waren bereits Teil der Einbandsammlung. Darüber hinaus unterlagen industriell hergestellte Bucheinbände jedoch keinem besonderen Schutz. Wenn sie defekt waren, wurden sie meist "abgebunden", das heißt weggeworfen und durch neue stabile Einbände ohne jegliche Gestaltung ersetzt. Seit einigen Jahren beginnt man nun den kunst- und industriehistorischen Wert von Verlagseinbänden höher einzuschätzen.