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<p>Dazu Friedrich Schnapp (ebd., S. 65-67):<i>Hier hat H. zunächst seine neue Wohnung [...] im Haus des Geheimen OberBauraths von Alten, im Grundriß dargestellt. Der Eingang befindet sich TaubenStraße No 31; zwei Treppen hinaufsteigend gelangt man auf einen Flur, von dem eine Nebentür in die Küche mit dahinter gelegener DomestikenStube, die Haupttür in die eigentliche Wohnung führt. Sie besteht aus einem Vorzimmer, dem PrunkZimmer, dem Zimmer der Frau (dessen Eckfenster H. während seiner letzten Krankheit als Ausguck benutzte), der ArbeitsStube, dem SchlafCabinet (worin H. und Frau in ihren Betten ruhen) und einem Cabinet. 5 Fenster gehen auf die Taubenstraße, 3 auf die Charlottenstraße. Aus dem mittleren dieser 3 Fenster, dem des Arbeitszimmers, guckt der RegierungsRath Hoffmann heraus: die dampfende Pfeife im Munde wendet er sich seinem Nachbarn, dem Schauspieler Devrient zu, der seinerseits, ebenfalls rauchend, aus seiner im selben Hause gelegenen Wohnung, Charlottenstraße 38, zu H. hinüberblickt. [...]
Inmitten dieses Marktes erhebt sich Langhans' Schauspielhaus [vgl. unten, Bild 4], flankiert durch die beiden Zwillingsdome, die französische Kirche und die deutsche Kirche. Auf den Kuppen der Gotteshäuser sitzen zwei Gloekner, die mit einer großen Glocke in der Hand einander zuläuten; den Giebel des Kunsttempels hat dagegen ein Affe erklettert.</p>
<p>In diesem TheaterGebaüde, dessen Eingang auf der JägerStraße liegt, findet gerade eine TanzProbe statt, und im Orchesterraum, bei leerem Parterre, üben Choristen. Im DirektionsZimmer drängen sich 4 servil gebückte Dichter dem stocksteif und in der Uniform eines Kammerherrn zugeknöpft dastehenden General-Intendanten Graf Brühl entgegen. Dieses Allerheiligste geht auf die Taubenstraße; sehr passender Weise stehen draußen vor der Schmalseite des Theaters, wohl noch von der Siegesfeier her, 2 qualmende Pylonen - Rauchfaß No 1 und Rauchfaß No 2. In die Restauration im Theater schleppt indessen - die TheaterUhr zeigt 12 - der dicke Capellm[eister] Weber, dessen kahler Kopf vor Anstrengung raucht, auf beiden Armen offenbar kulinarische Genüsse herbei, während vor ihm eine Unzahl Beefsteaks den Boden pflastern; zu ihren Seiten je ein Pokal Madeira und Chambertin. Rechts von dem imposanten Musikdirektor steht der zierliche Kreisler mit gekreuzten Armen und blickt ihn erwartungsvoll an. [...]</p>
<p>Von anderen persönlichen Bekannten H.s sind auf der Zeichnung dargestellt der schon genannte Geh. OberBaurath von Alten, wie er einen Zollstock an eine Mausefalle legt, die er im gotischen Kirchenstil erbaut hat. Ferner der Baron Fouqué aus Nennhausen in Uniform und Federhut in offenem Wagen sitzend, wie er sich die Taubenstraße entlang im Galopp kutschieren läßt. Sodann - bescheidener zu Fuß - zwei bedeutendere Männer, Ludwig Tiek (mit Spazierstock, aus Ziebingen zu Besuch gekommen), gefolgt von Brentano, beide die MarkgrafenStraße entlang schlendernd. [...] Hr. Kunz aus Bamberg hat sich in die Restaurat[ion] u: Große Weinstube bey Schonert an der Ecke Markgrafen- und Taubenstraße begeben, wo er die riesigen WeinZettel und SpeiseZettel studiert [...].
Die nähere Umgebung von H.s Wohnung bietet Herrn Kunz aber noch mehrere Möglichkeiten zur Restaurierung: die Italiänische Handl[ung] bey Thiermann auf der JägerStraße, wo es Austern, Caviar pp gibt und wo außerdem Extrafeiner Rum zu haben ist (Hoffmann hatte sie bereits in den Abentheuern der Sylverster-Nacht öffentlich gerühmt); die Italiänische Waarenhandlung Moretti auf der Französischen Straße, in deren Schaufenster allerlei Spezialitäten locken und woselbst ebenfalls Extrafeiner Rum lagert, sowie die Restaurat[ion] u: Weinstube - nebst Weinhandel - Lutter & Wegner, H.s späteres Hauptquartier, auf der Charlottenstraße, Ecke Französische Straße [vgl. unten, Bild Nr. 5], woselbst sich zwei Gäste niedergelassen haben. Weit weniger anziehend als diese einladenden Stätten ist das entlegenere Kammergericht [vgl. Bild Nr. 6] im äußersten Winkel oben rechts der Zeichnung, vor dem sich - in angemessener Entfernung - ein Anonymus zu einem unaufschiebbaren Geschäft niedergekauert hat.</i><p>

<p>(Günter de Bruyn, in: E.T.A. Hoffmann, Gespenster in der Friedrichstadt. Berlinische Geschichten. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Günter de Bruyn, Berlin 1986, S. 277)</p>

<p><i>Seine [d.i. Hoffmanns] Lebensordnung in den letzten sechs Jahren, von 1816 bis 1822, war die. Am Montage und Donnerstage brachte er die Vormittage in den Sitzungen des Kammergerichts, an den andern Tagen, zu Hause, arbeitend, die Nachmittage in der Regel schlafend, im Sommer auch spazierengehend, zu; die Abende und Nächte in dem Weinhause. War er, was häufig, in manchen Perioden täglich, geschah, Mittags oder Abends, oder Mittags und Abends [...], oft Abends in zwei Cirkeln, von sieben bis neun, und von neun bis zwölf, gewesen; so ging er, es mochte so spät seyn, als es wollte, wenn alle andere sich nach Hause begeben, noch in das Weinhaus, um dort den Morgen zu erwarten; früher in seine Wohnung zurückzukehren, war ihm nicht gut möglich.</p>
<p>Man denke hiebei aber nicht etwa an einen gemeinen Trinker, der trinkt und trinkt, aus Wohlgeschmack, bis er lallt und schläft; gerade das Umgekehrte war Hoffmann's Fall. Er trank, um sich zu montiren; dazu gehörte Anfangs, wie er noch kräftig war, weniger; später, natürlich mehr; - aber, war er einmal montirt; wie er es nannte, in exotischer Stimmung, die, oft bei einer halben Flasche Wein, auch nur ein gemüthlicher Zuhörer hervorrufen konnte, so gab es nichts Interessanteres, als das Feuerwerk von Witz und Glut der Fantasie, das er dann unaufhaltsam, oft fünf, sechs Stunden hintereinander, vor der entzückten Umgebung aufsteigen ließ. War aber auch seine Stimmung nicht exaltirt, so war er im Weinhause nie müßig [...]; er schaute vielmehr mit seinen Falkenaugen überall umher; was er an Lächerlichkeiten, Auffallenheiten, selbst an rührenden Eigenheiten, bei den Weingästen, bemerkte, wurde ihm zur Studie für seine Werke, oder er warf es mit fertiger Feder auf das Papier; kurz, er sprach selten seine Freunde, ohne daß er ihnen neue und pikante Curiosa aus dieser seiner Welt zu erzählen wußte.</p>
<p>[...] Oft war der geistreichste Kreis um ihm versammelt, und Fremde, die nach Berlin kamen und ihm gern sehen wollten, suchten ihn, da seine Lebensweise bekannt war, immer in seinem Weinhause auf [...].</i></p>
<p>Aus Hoffmann's Leben und Nachlass. Herausgegeben vom Verfasser des Lebens-Abrißes Friedrich Ludwig Zacharias Werners [d.i. Julius Eduard Hitzig], Zweiter Theil, Berlin 1823, S. 125-128.</p>

<p><i>Schon oft war ich die Allee durchwandelt, als mir eines Tages plötzlich ein Haus ins Auge fiel, das auf ganz wunderliche seltsame Weise von allen übrigen abstach. Denkt euch ein niedriges, vier Fenster breites, von zwei hohen schönen Gebäuden eingeklemmtes Haus, dessen Stock über dem Ergeschoß nur wenig über die Fenster im Erdgeschoß des nachbarlichen Hauses hervorragt, dessen schlecht verwahrtes Dach, dessen zum Teil mit Papier verklebte Fenster, dessen farblose Mauern von gänzlicher Verwahrlosung des Eigentümers zeugen. Denkt euch, wie solch ein Haus zwischen mit geschmackvollem Luxus ausstaffierten Prachtgebäuden sich ausnehmen muß.</i></p>
<p>Aus: E.T.A. Hoffmann, Das öde Haus. - Das Haus stand etwa im Bereich der heutigen Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland. Es wurde bereits 1824 abgerissen. </p>

<p>Christian Thomasius' Kurtzer Entwurff der politischen Klugheit spielt in einem Hoffmann-Werk eine wichtige Rolle:</p>
<p><i>'Was raten, was helfen', unterbrach Tusmann den Goldschmied, 'ei, bester Herr Professor, Sie müssen mich für ungemein leichtsinnig und unverständig halten, wenn Sie glauben, daß ich blindlings ohne Rat und Überlegung zu handeln im Stande wäre. Jeden Schritt, den ich tue, erwäge und bedenke ich weislich, und als ich mich in der Tat von dem Liebespfeil des losen Gottes, den die Alten Cupido nannten, getroffen fühlte, sollte da nicht all mein Dichten und Trachten dahin gegangen sein, mich für diesen Zustand gehörig auszubilden? Wird jemand, der ein schweres Examen zu überstehen gedenkt, nicht emsig alle Wissenschaften studieren, aus denen er befragt werden soll? Nun, verehrtester Herr Professor, meine Heirat ist ein Examen, zu dem ich mich gehörig vorbereite und in dem ich wohl zu bestehen glaube. Sehen Sie, bester Mann, dieses kleine Buch, das ich, seit ich mich zu lieben und zu heiraten beschlossen, beständig bei mir trage und unaufhörlich studiere, sehen Sie es an und überzeugen Sie sich, daß ich die Sache gründlich und gescheut beginne, und keineswegs als ein Unerfahrner erscheinen werde, ungeachtet mir, wie ich gestehen will, das ganze weibliche Geschlecht bis dato fremd geblieben.'</i></p>
<p>Aus: E.T.A. Hoffmann, Die Brautwahl.</p>




<p>Die Gebäudeteile erscheinen auf der Abbildung <i>in einer Gestalt, die sie nach dem dritten und letzten großen Brande des Rathauses im Jahre 1581 erhielten. Die Gerichtslaube ist durch Zumauerung einer Bogenöffnung aus einer Halle in einen geschlossenen Raum, der Bureauzwecken diente, verandelt. [...] Dennoch verlor der Platz vor der ehemaligen Halle seine alte traditionelle Bedeutung nicht. Sie bestand darin, daß sich hier eine Richtstätte befand, an der sogar und zwar bis zum Jahre 1694, Todesstrafen vollstreckt wurden. Als Symbol dafür war an dem südwestlichen Strebepfeiler ein aus gebranntem Ton hergestelltes, Kaak genanntes Bildwerk befestigt [...]. Der Kaak war ein auf einer Konsole hockender Vogel mit Eselsohren und grinsendem Menschenantlitz, 'vielleicht ein Sinnbild des Spottes und Schimpfes, dem die unter ihm an den Pranger gestellten und gebrandmarkten Übeltäter anheimfielen'.</i> (Pniower)</p>
<p><i>In der Nacht des Herbstäquinoktiums kehrte der Geheime Kanzleisekretär Tusmann aus dem Kaffeehause, wo er regelmäßig jeden Abend ein paar Stunden zuzubringen pflegte, nach seiner Wohnung zurück, die in der Spandauer Straße gelegen. [...] Unten an dem Turm des alten Rathauses wurde er in dem hellen Schimmer der Reverberen eine lange hagere, in einen dunkeln Mantel gehüllte Gestalt gewahr, die an die verschlossene Ladentüre des Kaufmanns Warnatz, der dort bekanntlich seine Eisenwaren feil hält, stark und stärker pochte, zurücktrat, tief seufzte, hinaufblickte nach den verfallenden Fenstern des Turms. [...]
[...] 'Verehrter Herr Tusmann, Sie belieben sich in meinem Beginnen hier ganz und gar zu irren. [...] Es ist heute das Herbstäquinoktium, und da will ich die Braut schauen. Sie hat schon mein sehnsüchtiges Pochen, meine Liebesseufzer vernommen und wird gleich oben am Fenster erscheinen.'
Der dumpfe Ton, in dem der Mann diese Worte sprach, hatte etwas seltsam Feierliches, ja Gespenstisches, so daß es dem Geheimen Kanzleisekretär eiskalt durch alle Glieder rieselte. Der erste Schlag der eilften Stunde dröhnte von dem Marienkirchturm herab, in dem Augenblick klirrte und rauschte es an dem verfallenen Fenster des Rathausturms und eine weibliche Gestalt wurde sichtbar. Sowie der volle Laternenglanz ihr ins Antlitz fiel, wimmerte Tusmann ganz kläglich: 'O du gerechter Gott im Himmel, o all ihr himmlischen Heerscharen, was ist denn das!'</i></p>
<p>Aus: E.T.A. Hoffmann, Die Brautwahl.</p>