Von Sansibar nach Berlin und weiter

Nachlass und Neuausgaben

Emily Ruete

„Literarischer Nachlass“, Typoskript, 1929

„Wie oft batest Du mich, geliebte Freundin, ich sollte Dir doch Ausführliches über meine Erlebnisse im Norden berichten. Wenn das bis jetzt nicht ganz zu Deiner Zufriedenheit geschah, so lag das meist daran, dass ich hauptsächlich mich vor dem Erlebten fast fürchtete, noch einmal in Einzelheiten im Geiste alles wieder durchzumachen. […]“ („Briefe nach der Heimat“, S. 1)

Emily Ruetes literarischer Nachlass enthält die „Briefe nach der Heimat“, die von ihrem Leben von der Ankunft in Deutschland bis zu ihrem Umzug nach Berlin in den späten 1870er Jahren erzählen. Er enthält zusätzlich zwei kurze Texte: der von ihrer zweiten erfolglosen Reise nach Sansibar im Jahre 1888 erzählende „Nachtrag zu meinen Memoiren“ sowie die „Syrische Sitten und Gebräuche“. Emily Ruete verbrachte - tief enttäuscht von Deutschland und Sansibar - die Jahre 1888 bis 1914 in Jaffa und Beirut. Laut Herausgeber der (1999 erschienenen) „Briefe nach der Heimat“ wurde das Typoskript Mitte der 1920er Jahre anhand des handschriftlichen Originals hergestellt. Eine handschriftliche Notiz auf dem Exemplar der Staatsbibliothek zu Berlin teilt mit: „überwiesen mit Schreiben des Rudolph Said-Ruete (London) zum 7.9.1929 […] Darf ohne Erlaubnis des Schenkers oder dessen Erben weder teilweise noch ganz vor dem 1. Januar 1940 veröffentlicht oder dem Publikum zugänglich gemacht werden“.


Signatur: Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung,
Typoskript – Ms. Germ. Quart. 2289 acc. Ms. 1996.23


Emily Ruete

„Literarischer Nachlass“, Typoskript, 1929

„In Gesellschaften, in Theater und Konzerten fühlte ich mich beständig beobachtet, was mir im höchsten Grade lästig war. Eines Tages ging ich mit meinem Manne spazieren, als einige Damen in einer Equipage an uns vorbei fuhren. Sie begnügten sich nicht, uns im Vorbeifahren auffällig zu mustern, sondern als ich mich zufällig umdrehte, sah ich die beiden Damen auf dem Rücksitz kniend, um uns besser beobachten zu können. […]“  („Briefe nach der Heimat“, S. 23 f.)


Die Beobachtung durch die Hamburger Öffentlichkeit sowie der Klatsch und Tratsch über ihre Person, die sie auf den hier vorliegenden Seiten aus dem „Literarischen Nachlass“ beschreibt, wurden auch in der illustrierten Zeitschrift Daheim veranschaulicht.

Signatur: Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung, Typoskript – Ms. Germ. Quart. 2289 acc. Ms. 1996.23


Emily Ruete

Leben im Sultanspalast. Memoiren aus dem 19. Jahrhundert (Hamburg: Die Hanse), 2010, Herausgeberin Annegret Nippa

1989 beim Athenäum Verlag zum ersten Mal unter dem Titel „Leben im Sultanspalast“ erschienen, später bei der Philo Verlagsgesellschaft und kürzlich beim Hanse Verlag neu aufgelegt, ist diese Ausgabe ein „leicht bearbeiteter Nachdruck“ der Memoiren (u.a. mit einem neuen Titel, modernisierter Schreibweise, sowie einigen, meist nur kurzen, ausgelassenen Passagen und ohne Emily Ruetes Vorwort). Von der Ethnologin und Islamwissenschaftlerin Annegret Nippa herausgegeben, enthält das Buch auch ein den Kontext erläuterendes Nachwort von ihr mit Zitaten aus Originaldokumenten, wie z.B. den märchenhaften Erzählungen zu Emily Ruetes Lebens- bzw. „Liebes-“geschichte, die Nippa als solche erhellt. Das „Leben im Sultanspalast“ wurde im 2010 vom Hanse Verlag im Hinblick auf das 125. Erscheinungsjubiläum der Memoiren im Jahr 2011 nachgedruckt.

Privatbesitz


Emily Ruete

Briefe nach der Heimat (Berlin: Philo), 1999,  Herausgeber: Heinz Schneppen

Diese leicht verkürzte und bearbeitete Version des größten Teils des literarischen Nachlasses Emily Ruetes wurde von Heinz Schneppen, einem ehemaligen deutschen Botschafter in Tansania, herausgegeben. Seine Einleitung und sein Nachwort beschreiben nicht nur den historischen Entstehungskontext der „Briefe“, die seiner Meinung nach zu den Memoiren gehören: denn „beide Texte leben vom Vergleich“ („Nachwort“, S. 162 f.). Schneppen berichtet auch von Verzögerungen ihrer Veröffentlichung (sie wurden zum ersten Mal 1993 in englischer Übersetzung als Teil E. van Donzels Buch „An Arabian Princess Between Two Worlds“ publiziert).
„Ich habe [die ersten Eindrücke …, welche das europäische Leben und die Gebräuche der civilisirten Welt auf mich machten] in pietätvoller Erinnerung aufgezeichnet und nehme vielleicht später Gelegenheit, auch hiervon zu berichten“ schreibt Emily Ruete im Kapitel „Große Wandelungen“ der Memoiren (mit der ironischen Verwendung des Begriffs „zivilisiert“, der auch in den „Briefen“ eine zentrale Rolle spielt), und scheint hiermit eine mögliche spätere Veröffentlichung der „Briefe“ anzudeuten. (Memoiren einer arabischen Prinzessin, 4. Aufl., Bd. 2., S. 143)

Signatur: Staatsbibliothek zu Berlin, 1 A 781722