Kinder- und Jugendliteratur
Abschnitt 5: Die Kinder- und Hausmärchen in Bearbeitungen für Theater, Oper und Puppenbühne
Die Popularität der Märchen spiegelt sich auch in zahlreichen Bühnenbearbeitungen und Vertonungen nach Vorlagen der Kinder- und Hausmärchen. In Berlin erschienen Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten dramatisierten Fassungen. Der Schauspieler, Regisseur und Bühnenautor Carl August Görner verfasste (neben zahlreichen anderen Theaterstücken) 30 Märchenadaptionen, von denen sieben auf Märchentexten der Brüder Grimm basieren. 1854 fand mit Görners Stück Die drei Haulemännerchen, einer Bearbeitung von Die drei Männlein im Walde, im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater eine der ersten Aufführungen eines dramatisierten Grimm’schen Märchens in Berlin statt. Besonders nachgefragt waren solche Märcheninszenierungen in der Weihnachtszeit, deshalb legten viele Theater die Premierentermine ihrer Märchenstücke in den Monat Dezember. Damit wurde die Tradition der „Weihnachtsmärchen“ begründet, die vorrangig der Unterhaltung dienten und mehr durch opulente Ausstattung und Bühnentechnik überzeugten als durch literarische Qualität. Die Wegbereiter eines proletarischen Kindertheaters in der Weimarer Republik, zu denen u.a. Edwin Hoernle und Walter Benjamin gehörten, hatten dagegen kaum Interesse an Märchenstoffen. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhundert gehörte die Rotkäppchen-Bearbeitung des russischen Schriftstellers Jewgenij Schwarz zu den Erfolgsstücken der Berliner Bühnen. Diese Version wurde sowohl im Berliner Kindertheater in Westberlin als auch im Ostberliner Theater der Freundschaft und an der Volksbühne gespielt. Eine Puppenspielfassung des Stücks wurde an mehreren Puppentheatern aufgeführt.
Vertonungen von Texten der Kinder- und Hausmärchen stammen u.a. von Leo Blech, der eine Oper Aschenbrödel komponierte (UA Prag, 1905), und von Johann Strauss, der den Aschenbrödel-Stoff in einem – allerdings nur fragmentarisch hinterlassenen – Ballett verarbeitete, das 1901 im Königlichen Opernhaus in Berlin uraufgeführt wurde. Das bekannteste musikalische Werk ist Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel (UA Weimar, 1893). Alle drei Berliner Opernhäuser haben diese Oper in ihr Repertoire aufgenommen: Die Berliner Staatsoper zeigte Hänsel und Gretel ab 1963 über mehrere Jahre in einer Inszenierung von Erich-Alexander Winds, an der Deutschen Oper ist das Werk unter der Regie von Andreas Homoki zu sehen und die Komische Oper bereitet mit Reinhard von der Thannen für 2013 eine Inszenierung vor.