Musik

Neuerwerbungen


Neuerwerbung eines Weber-Autographs

Carl Maria von Weber ist nicht unbedingt als Sinfoniker bekannt; neben seinen epochemachenden Bühnenwerken, seinen von den Zeitgenossen hoch geschätzten Liedern und Gesängen, virtuosen Klavier-Vortragsstücken wie der Aufforderung zum Tanze und den Konzerten und Kammermusiken voller Klangsinn stehen die beiden C-Dur-Sinfonien (WeV M.2 und M.3 = JV 50 und 51) weitgehend im Schatten und erklingen heute nur noch selten. Das verwundert nicht, denn Weber wollte sich bei der Komposition nicht mit dem sinfonischen „Titanen“ seiner Zeit, Ludwig van Beethoven, messen, sondern bezog sich ausdrücklich auf das Vorbild Joseph Haydns, dem das erste der beiden Werke ursprünglich auch gewidmet werden sollte (der Erstdruck erschien allerdings mit einer Widmung an den befreundeten Juristen und Musiktheoretiker Gottfried Weber). Während sich Beethoven quasi lebenslang mit der Gattung Sinfonie auseinandersetzte, blieb Webers Beschäftigung mit diesem „Prüfstein“ der Orchestermusik auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt und war von ganz speziellen Aufführungsbedingungen geprägt.

Im Sommer 1806 hatte Weber im Alter von 19 Jahren seine Position als musikalischer Leiter am Breslauer Theater aufgegeben, um sich wieder stärker dem Komponieren widmen zu können. Eine Einladung des Herzogs Eugen von Württemberg auf dessen Besitzungen im oberschlesischen Carlsruhe (heute Pokój) erlaubte dem jungen Musiker für mehrere Monate ein von finanziellen Zwängen befreites, unbeschwertes Leben. Er wohnte gratis im Umfeld des Schlosses, wo er gern gesehener Gast war, für die musikalische Unterhaltung sorgte und dem Sohn des Herzogs (Eugen II.) Musikunterricht erteilte. Ehrenhalber wurde er sogar zum herzoglichen „Musik-Intendanten“ ernannt, freilich weder mit entsprechenden dienstlichen Obliegenheiten noch mit einer diesbezüglichen Gage verbunden. Der napoleonische Überfall auf Preußen und die nachfolgende französische Besetzung Schlesiens beendeten dieses Intermezzo nach wenigen Monaten. Weber bedankte sich bei seinem Gastgeber mit mehreren Komposition, darunter die beiden Sinfonien, die den Rahmenbedingungen der kleinen Hofhaltung Rechnung trugen, wo nur wenige Berufsmusiker den Kern eines kleinen, wohl aber recht leistungsfähigen Orchesters bildeten, das man heute als ein kleines Kammerorchester bezeichnen würde. Jeder Angehörige bzw. Bedienstete des Hofes, der musikalisch gebildet war, hatte als Dilettant einen Platz in diesem Ensemble zu übernehmen; Militärmusiker der nahen Garnison wurden bei Bedarf zur Verstärkung herangezogen. Die Bevorzugung von Oboe und Horn im Orchestersatz der Sinfonien ist leicht zu erklären: Der Herzog selbst war ein passionierter Oboist, und der Hornist Joseph Dautreveaux, mit dem Weber befreundet war, dürfte zu den Spitzenmusikern des Orchesters gezählt haben. Aber nicht nur bezüglich der Besetzung (ohne Klarinetten) orientierte sich Weber an den lokalen Gegebenheiten, auch die Vorliebe des Herzogs für die Musik Joseph Haydns beeinflusste die musikalischen „Gastgeschenke“, die in relativ kurzer Zeit entstanden: die Sinfonie Nr. 1 um den Jahreswechsel 1806/07, die Nr. 2 kurz darauf zwischen 22. und 28. Januar 1807.

Während Weber die erste Sinfonie des Druckes für würdig erachtete, verschwand ihr Schwesterwerk bald „in der Schublade“, lediglich der raffiniert instrumentierte Adagio-Satz erklang noch 1822 unter seiner Leitung in Dresden. Trotzdem sind beide Kompositionen gleichermaßen für die Weber-Forschung von besonderer Bedeutung, können sie doch zu den Spitzenwerken des frühen Schaffens gezählt werden, bevor Weber etwa Anfang 1810 (mit seiner gerade beendeten Oper Silvana), wie er in seiner autobiographischen Skizze festhielt, seine musikalische Ausbildungs- und Reifezeit als „abgeschlossen“ betrachtete. Mit dem nochmaligen Unterricht bei Georg Joseph Vogler 1810, quasi einem „Meisterkurs“, den er gemeinsam mit dem jüngeren Giacomo Meyerbeer absolvierte, hatte Weber eine neue Stufe erreicht, wie sich in der Oper Abu Hassan deutlich zeigt.

Die Autographen der beiden Sinfonien wie auch der Opern Silvana und Abu Hassan gehörten ursprünglich zum sogenannten Weber-Familiennachlass, der neben Korrespondenz und den Tagebüchern einen wesentlichen Teil des Werkarchivs des Komponisten (überwiegend in Originalhandschriften) beinhaltete. Das Hauptkonvolut dieses Archivs gelangte 1956 als Dauerleihgabe in die Staatsbibliothek (damals Berlin Ost) und wurde ihr vom Ururenkel Hans-Jürgen von Weber 1986 per Schenkung endgültig übereignet. Nur ein kleinerer Werkbestand verblieb in Familienbesitz, darunter die vier genannten Werke. Der Urururenkel des Komponisten, Christian von Weber, hat sich nun entschieden, auch das Autograph der Sinfonie Nr. 2 in die Obhut der Staatsbibliothek zu geben, um dieses wieder in das Werkarchiv einzugliedern und somit der Forschung uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen. Die Autographen der beiden Sinfonien wie auch der Opern Silvana und Abu Hassan gehörten ursprünglich zum sogenannten Weber-Familiennachlass, der neben Korrespondenz und den Tagebüchern einen wesentlichen Teil des Werkarchivs des Komponisten (überwiegend in Originalhandschriften) beinhaltete. Das Hauptkonvolut dieses Archivs gelangte 1956 als Dauerleihgabe in die Staatsbibliothek (damals Berlin Ost) und wurde ihr vom Ururenkel Hans-Jürgen von Weber 1986 per Schenkung endgültig übereignet. Nur ein kleinerer Werkbestand verblieb in Familienbesitz, darunter die vier genannten Werke. Der Urururenkel des Komponisten, Christian von Weber, hat sich nun entschieden, auch das Autograph der Sinfonie Nr. 2 in die Obhut der Staatsbibliothek zu geben, um dieses wieder in das Werkarchiv einzugliedern und somit der Forschung uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen.

Nach den Erwerbungen der Autographen der Missa sancta Nr. 2 und des Klavierkonzerts Nr. 2 (beide ebenso aus Familienbesitz) sowie der Romanza siciliana für Flöte und Orchester (ebenso ein schlesisches Frühwerk) gelang erneut eine wesentliche Ergänzung des singulären Weber-Bestandes, dessen Geschlossenheit als besonderer Glücksfall für die Musikforschung bezeichnet werden kann. Die Weber-Gesamtausgabe, die mit einer ihrer Arbeitsstellen in der Bibliothek beheimatet ist, findet hier einmalige Arbeitsbedingungen, und die Abstimmungen zwischen Musikabteilung und Gesamtausgabe u. a. bezüglich der Bestandserweiterung und -aufarbeitung (selbstverständlich inklusive Digitalisierung, um die Schätze einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen) nutzen in vorbildlicher Weise Synergieeffekte zu beiderseitigem Vorteil.

Siehe auch Blogeintrag.


Was „Unmuth“ und „lange Weile“ hervorbringen…

Vor gut 300 Jahren, im Jahr 1722, stellte Johann Sebastian Bach die 48 Präludien und Fugen zu seinem „Wohltemperierten Klavier“ zusammen. Das Autograph und zahlreiche vollständige und unvollständige Abschriften gehören seit langem zum Bestand der Musikabteilung, darunter auch eine frühe Abschrift, die um 1733 begonnen wurde und in der Anna Magdalena Bach 32 Präludien und Fugen abgeschrieben hat, Link zum Digitalisat.

Zum Jahresende 2022 konnte noch eine weitere wichtige frühe und fast vollständige Abschrift der Stücke angekauft werden, die – wenigstens unter den Klavierspieler:innen – seit 300 Jahren zu den bekanntesten Werken Bachs überhaupt gehören. Die neu erworbene Handschrift stammt aus dem Besitz von Paul Badura-Skoda, einem Wiener Pianisten, der im September 2019 verstorben ist. Nun kam sie in unsere öffentlich zugängliche Sammlung und steht der Forschung auch digitalisiert zur Verfügung: Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin.

Bach hat sein Werk während seiner Amtszeit als Köthener Hofkapellmeister „Zum Nutzen und Gebrauch der Lehr-begierigen Musicalischen Jugend“ komponiert und zusammengestellt, so der Titel der autographen Niederschrift, die schon seit 1874 in der Bibliothek verwahrt wird:

Der Legende nach, so schreibt Ernst Ludwig Gerber, soll der Komponist die Musik „an einem Orte geschrieben (haben), wo ihm Unmuth, lange Weile und Mangel an jeder Art von musikalischen Instrumenten diesen Zeitvertreib abnöthigte“. (Link zum Lexikon). Es könnte sich dabei um die Landrichterstube in Weimar gehandelt haben, in der Bach im Herbst 1717 wegen „Halsstarrigkeit“ im Dienst arretiert wurde. Fertiggestellt wurde die Sammlung dann allerdings erst ein paar Jahre später.

Berühmt ist Hans von Bülows Einschätzung der Sammlung: „Das wohltemperirte Clavier ist das alte Testament, die Beethoven’schen Sonaten das neue, an beide müssen wir glauben.“ Bei den Stücken handelt es sich um je 24 Präludien und Fugen in allen 24 Dur- und Moll-Tonarten. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens war nur aufgrund der damals neuen, modernen Stimmung für Tasteninstrumente möglich, die die physikalisch bedingten Unreinheiten der Tonarten so verteilte, dass auch Stücke mit vielen Vorzeichen „gut“ klangen.

Das Präludium in C-Dur ist eines der beliebtesten Stücke aus der Sammlung, hier abgebildet nach der neu erworbenen Handschrift:

Bachs Wohltemperiertes Klavier gehört zu seinen bekanntesten Werken, es wird vielfach aufgeführt und eingespielt. Eine zufällige Auswahl von Einspielungen zeigt die unterschiedlichen Interpretationsansätze der Präludien und Fugen: von Keith Jarrett, 1988 – „unangestrengt und lebendig“ – bis András Schiff, 2012 – „Freude der Klarheit“ (Zitate jeweils aus den entsprechenden CD-Booklets). Eine Möglichkeit, ganz einfach in diese Musik hineinzuhören, bietet die Naxos Music Library, die die SBB allen registrierten Nutzerinnen und Nutzern kostenfrei anbietet:

Bei der neu erworbenen Handschrift ist bislang noch nicht bekannt, wer sie um 1760 geschrieben hat, sie stammt jedoch sicher aus dem engen Umkreis Bachs. Fragen wie die nach der Provenienz und auch der Verbreitung der Präludien und Fugen als Lehrwerk direkt nach Bachs Tod können nun wieder ein Stück mehr beantwortet werden. Das „Wohltemperierte Klavier“ war schon zu Lebzeiten des Komponisten relativ weit verbreitet, die Sammlung blieb auch nach 1750 in lebendiger musikalischer Erinnerung (im Gegensatz zu anderen Teilen des Gesamtwerks von Bach): unter anderem begegneten Beethoven und die Geschwister Mendelssohn den Stücken nachweislich in ihrem Klavier- und Musikunterricht.

Zur Zeit wird noch bis 28. Mai 2023 im Bachhaus Eisenach die Sonderausstellung „Das Alte Testament der Klavierspieler – 300 Jahre Bachs Wohltemperiertes Klavier“ gezeigt.


Wertvolle Neuerwerbungen: ein italienisches Oratorium, ein portugiesisches Nachtgebet und 52 Triosonaten aus Italien

Für die Musikabteilung konnten jüngst drei bedeutende Notenhandschriften des 18. bzw. frühen 19. Jahrhunderts erworben werden: zum einen eine möglicherweise autographe Partitur einer Matutin des portugiesischen Mönchs und Komponisten Frei Francisco de São Boaventura (s. Abbildung), des weiteren eine Abschrift des Oratoriums „Il pianto e il riso delle quattro stagioni“ von Benedetto Marcello, sowie eine Sammelhandschrift mit insgesamt 52 Flötentrios, die größtenteils anonym überliefert sind, jedoch auch Zuschreibungen enthalten, so etwa an G. B. Sammartini, V. Federici, A. Besozzi, N. Jommelli, F. Giardini und G. Ferrari. Die aufwändig gebundenen Stimmbücher (Ledereinbände mit floraler Rückenvergoldung und Wappensupralibros auf den Vorder- und Rückdeckeln) stammen laut Antiquariat von der neapolitanischen Adelsfamilie D‘Andrea di Pescopagano. Die Abschrift des Oratoriums von Marcello ist eine der wenigen noch erhaltenen Quellen zu diesem Werk (das internationale Quellenlexikon RISM verzeichnet aktuell nur noch drei weitere Manuskripte).


Ägyptischer Mozart erworben!

Aus dem Vorbesitz des französischen Aristokraten und Ministers Augustin Eléonor Victor Marquis du Bosc Radepont (1776-1847) konnte die Musikabteilung ein Schlüsselwerk der frühen Mozart-Rezeption erwerben: Die französische Fassung und Erstausgabe der Zauberflöte unter dem Titel "Les mistères d'Isis". Die Originalversion erschien erst 1814 bei Simrock. Bereits 1801 feierte jedoch in Frankreich diese von Ludwig Wenzel Lachnith (1746-1820) stark bearbeitete Version der Zauberflöte große Erfolge. Lachnith und der Librettist Étienne Morel de Chédeville behielten das Libretto Schikaneders nur noch in groben Zügen bei und benannten die meisten Figuren um. Auch sonst nahmen sie sich alle künstlerischen Freiheiten. Musikalisch handelt es sich eigentlich um ein Pasticcio: Es gibt einige Einschübe aus anderen Mozart-Opern (etwa Nummern von La clemenza di Tito, Don Giovanni) sowie eigene Musik Lachniths. Sogar Teile aus einer Haydn-Sinfonie wurden kompiliert. Dass sich das Werk damals in Paris als großer Erfolg erwies, lag zum Teil auch an der allgemeinen Ägyptenbegeisterung im Zuge der militärischen Feldzüge Napoleons. Es handelt sich um die erste bei Sieber in Paris erschienene Ausgabe der Zauberflöte mit handschriftlichem Namenszug des Verlegers ("Sieber père") auf dem Titelblatt.


Großzügige Schenkung für die Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin

Eine wunderbare Ergänzung erhielt die Porträtsammlung der Musikabteilung Ende Juni 2017 von einem Londoner Antiquariat. Bei der Schenkung handelt es sich um ein Konvolut von 18 Lithografien aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Grafiken stammen aus dem Nachlass des Weißenfelser Musikpädagogen Ernst Julius Hentschel (1804-1875). Bemerkenswert an dieser Sammlung ist, wie exakt sich die Lebensstationen Hentschels an der Auswahl der Porträtierten und deren Umfeld ablesen lässt. Neben Schlesien spielt auch Berlin eine wichtige Rolle in diesem „preußischen“ Konvolut.

Im Jahre 1823 hielt sich Hentschel in Berlin auf, wo er bei Carl Friedrich Zelter (1758-1832) Gesangsunterricht und bei Johannes Bernhard Logier (1777-1846) Harmonieunterricht nahm. Am königlichen Schauspielhaus wurde in diesem Jahr mehrmals die Oper „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart mit Heinrich Blume (1788-1856) in der Hauptrolle aufgeführt.

Die Vermutung liegt nahe, dass auch Hentschel an einer Aufführung zugegen war, denn es findet sich ein vortreffliches Porträt von Heinrich Blume mit der handschriftlichen Notiz „Don Juan“ in der Sammlung. Die Titelrolle des „Don Giovanni“ galt als seine Glanzrolle, er konnte aber auch gleichzeitig die Rollen des Leporello, des Masetto und des Il Commendatore (des Komturs) singen. Die Vorzeichnung dieser seltenen Lithografie schuf der berühmte Porträtist und Pferdemaler Franz Krüger (1797-1857), der Blume auf einem späteren Gemälde „Parade auf dem Opernplatz“ nochmals verewigen sollte.


Carl Maria von Weber: Romanza siciliana

Autographen aus den ersten zwanzig Lebensjahren Carl Maria von Webers haben Seltenheitswert; umso überraschender war es, als 2015 die Reinschrift der Romanza siciliana auftauchte, die der Komponist Ende 1805, kurz nach seinem 19. Geburtstag abgeschlossen hatte. Der letzte Hinweis auf den Verbleib dieses Manuskripts, das sich lange Zeit (vermutlich seit 1839) im Archiv des Berliner Verlages Schlesinger befunden hatte, stammte aus dem November 1925, als es in New York im Auktionshaus Anderson Galleries „unter den Hammer kam“; seitdem galt das Autograph als verschollen. Im Februar 2017 konnte das Frühwerk für die Weberiana-Sammlung der Staatsbibliothek erworben werden und ist – dank der Unterstützung der Restaurierungs-Abteilung – nun auch, obgleich fragil, in einem Zustand, der die Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt.

Weber vermerkte auf seinem Manuskript zu den Entstehungsumständen des Werks: „componirt in Breslau für H: Kauffmann Zahn den 24tDecember. 1805.“ In der schlesischen Metropole hatte der junge Musiker im Sommer 1804 (noch nicht 18jährig) sein erstes besoldetes Amt als Musikdirektor am Theater angetreten, seine dienstlichen Verpflichtungen ließen ihm allerdings wenig Zeit für eigene Arbeiten, so dass er seinen 1806 auslaufenden Zweijahresvertrag nicht verlängerte. Zu den wenigen bekannten Kompositionen der Breslauer Periode gehört dieses gerade 59 Takte umfassende Vortragsstück für Solo-Flöte und Orchester, dessen Adressat der Kaufmann Jakob Conrad Zahn war: ein Liebhaber von Flötenmusik, der 1803 einen Quartettverein gegründet hatte und in seinem Hause Privatkonzerte veranstaltete. Ob Weber von Zahn einen entsprechenden Auftrag erhalten hatte oder von seinem Freund Friedrich Wilhelm Berner zur Komposition angeregt wurde, der im Zahn’schen Quartettverein aktiv war und ebenfalls Werke für den Mäzen schrieb, ist nicht überliefert. Solist der um den Jahreswechsel 1805/06 anzunehmenden Uraufführung dürfte der Breslauer Flötist Adam (auch Adamy) gewesen sein, ebenso ein Freund Berners sowie Ehrenmitglied des genannten Vereins.

Das Autograph diente, wie Stechervermerke mit Bleistift sowie die auf der ersten Seite hinzugefügte Verlagsnummer „S. 2321.“ ausweisen, als Stichvorlage für die im September 1839 erschienene Erstpublikation des Werks bei Schlesinger (als Nr. 2 der „Nachgelassenen Werke“). Ein Rezensent attestierte dem Werk damals eine „schön empfundene schlichte Romanzenmelodie, welche die Flöte meist ganz ungeschmückt, wie einen weichen Hirtengesang vorträgt; nur einige Male klingen mässige Bravouren hinein“ (Allgemeine musikalische Zeitung, 1938, Sp 1042f.). Dass es sich dabei nicht um ein Spitzenwerk des Komponisten, sondern eher eine musikalische Gefälligkeit handelt, ließ der Kritiker nur dezent anklingen, indem er auf die „ungesuchte“ Melodie, „sinnige“ Harmonien und die Kürze des einsätzigen Stücks hinwies und betonte, dass dieses – wie auch von Weber beabsichtigt – seinen Platz in „geselligen Zirkeln“ habe, also nicht auf dem Konzertpodium, sondern eher im Salon (bzw. der Hausmusik). Ungeachtet dieser Einschränkung bezüglich seiner musikpraktischen Relevanz ist das Manuskript als Dokument der musikalischen Entwicklung des „frühen“ Weber von besonderer Bedeutung. Neben Eintragungen des Stechers (laut Schlesinger-Verlagsbuch in diesem Falle F. Wessely) findet sich auf den insgesamt vier Blättern des Autographs als weiterer Zusatz von fremder Hand eine Echtheitsbestätigung des „Vaters der Weber-Forschung“ Friedrich Wilhelm Jähns vom 8. Juli 1863.

Digitalisat der Handschrift


„Mit herzlichen Grüßen, Ihr Wilhelm Furtwängler“

Die Musikabteilung konnte jüngst über ein Berliner Antiquariat eine wichtige Ergänzung zum Nachlass des Dirigenten Wilhelm Furtwängler (1886-1954) erwerben: es handelt sich um den wohl vollständigen Briefwechsel Furtwänglers mit dem Verleger Fritz Oeser (1911-1982) vom Brucknerverlag Wiesbaden. Dabei tauschen sich die Briefpartner hauptsächlich über die Revisionen an der 2. Sinfonie in e-Moll (WF 119) sowie am Symphonischen Konzert für Klavier und Orchester (WF 114) von Wilhelm Furtwängler aus, außerdem werden die beiden Sinfonien Nr. 3 in Cis (WF 120) und Nr. 1 in h-Moll (WF 110b) in der Korrespondenz aufgegriffen.
Die Korrespondenz beginnt mit einem Brief Furtwänglers vom 31. Dezember 1950, in dem Furtwängler seine Absicht äußert, von der Universal Edition Wien zum Brucknerverlag wechseln zu wollen. In 148 originalen Textzeugen fächert sich dann die Beziehung des Dirigenten und Komponisten zu seinem Verleger auf, die fast vier Jahre andauerte. 50 Briefe von Wilhelm Furtwängler und einige Telegramme und Kurzbriefe der Sekretärin Henriette Speiser an Oeser sind überliefert sowie 60 Original-Briefdurchschriften von Oeser an Furtwängler.

Dabei entsteht das Bild einer fruchtbaren Arbeitsbeziehung, die den Komponisten Furtwängler ins Zentrum rückt: Sichtbar wird, wie viel Arbeitskraft Wilhelm Furtwängler in die Komposition und Revision seiner Werke vor dem Druck steckte, aber auch welche Bedeutung die Aufführung seiner eigenen Werke für ihn hatte. "Ich werde im Laufe des nächsten Jahres sehr wenig dirigieren, habe aber die Absicht, in der zweiten Hälfte der Saison mehrere Aufführungen meiner eigenen Sachen zu veranstalten", schrieb Furtwängler im Februar 1951. Einer der letzten Sätze an Oeser zeugt von der schweren Erkrankung des Dirigenten, Mitte November 1954 schrieb er aus Clarens: "Leider laboriere ich augenblicklich an einer Bronchitis, die mich seit einigen Tagen sogar ins Bett fesselt." Er sollte sich von dieser Krankheit nicht mehr erholen und verstarb Ende des Monats.


Autographes Fragment zu Carl Maria von Webers Deklamations-Musik "Der erste Ton" WeV B.2

Weber hatte den Schlusschor seines 1808 entstandenen Deklamatoriums Der erste Ton im Rahmen der Drucklegung 1810 nochmals überarbeitet. Die erste Version des Chores wurde vom Autograph abgetrennt, von Weber allerdings in seinem Werkarchiv verwahrt. Lediglich das Schlussblatt entfernte der Komponist später: Da die letzte Seite des Manuskripts ursprünglich leer geblieben war, benutzte er dessen untere Hälfte 1820 für die Notation eines Liedes, das er verschenkte. Was in diesem Zusammenhang mit der oberen Hälfte des Blattes geschah, ist unbekannt - vermutlich landete sie im Papierkorb. Den Torso des autographen Schlusschores in der ersten Fassung von 1808 (ohne die Schlusstakte) erhielt Friedrich Wilhelm Jähns 1829 von der Witwe des Komponisten zum Geschenk, diese tauschte es allerdings 1836 gegen ein anderes (komplettes) Weber-Autograph zurück und gab das Fragment anschließend an den belgischen Geiger und Komponisten Henri Vieuxtemps, der es seiner Autographensammlung einverleibte. Jahre später (um 1870) gelangte die untere Hälfte des Schlussblattes mit der zusätzlichen Lied-Notation dann wiederum in die Jähns-Sammlung und mit dieser schließlich 1881 in die Weberiana-Kollektion der Berliner Bibliothek. Den letzten Hinweis zum Verbleib des Hauptteils des Autographs gab das Jähns'sche Weber-Werkverzeichnis: Demnach befanden sich die Seiten 1-12 des Chores noch 1865/66 in der Sammlung Vieuxtemps; danach verlor sich ihre Spur. Umso erstaunlicher war es, dass sich 2016 eine in Frankreich lebende Vieuxtemps-Nachfahrin bei der Weber-Gesamtausgabe meldete und das verschollen geglaubte Autograph offerierte. Dank der Verhandlungsbereitschaft aller Seiten konnte es für die Berliner Weberiana-Sammlung gesichert und somit - erstmals seit 1820 - wieder mit dem Schlussblatt (besser: dessen unterer Hälfte) vereint werden. 

Digitalisat der Handschrift


Neues Porträt von Joseph Joachim (1831-1907) für die Musikabteilung erworben

Im Herbst dieses Jahres erwarb die Musikabteilung ein vorzügliches Porträt von Josef Joachim. Die großformatige Radierung (34 x 26 cm, auf einem Trägerpapier 48 x 35 cm) von Gustav Eilers (1831-1907) wurde 1890 von Bruno Fischer im Berliner Paul Bette Verlag gedruckt.
Der 1831 im burgenländischen Kittsee geborene Joachim galt schnell als Wunderkind auf der Königin der Instrumente – der  Violine. Ein früher Lehrer und Förderer war u. a. Felix Mendelssohn Bartholdy. Unter seiner Leitung brachte Joachim 1844 – als Zwölfjähriger – Beethovens Violinkonzert zum Durchbruch, das ab diesem Zeitpunkt zum festen Repertoire der Konzertliteratur gehört. Der an allen großen europäischen Musikstätten konzertierende Geigen-Virtuose, der 1850 von Franz Liszt als Konzertmeister nach Weimar geholt wurde, diese Funktion 1852 am Königlichen Hof von Hannover übernahm, wo er 1859 zum Konzertdirektor ernannt wurde, ging 1866 als Rektor der neugegründeten „Königlichen Lehranstalt für ausübende Tonkunst“ – Vorläufer der Musikhochschule, der jetzigen Universität der Künste – nach Berlin.

Der Musikstadt Berlin blieb Joachim bis zuletzt treu. Er starb am 15. August 1907 und liegt in einem Ehrengrab auf dem Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof in Berlin-Westend. Joachim zählt nicht nur zu den berühmtesten Geigern und Geigenpädagogen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, sondern machte sich auch als Komponist einen Namen. Die in der Zeit des Wirkens von Joseph Joachim entstandenen Violinkonzerte von Mendelssohn Bartholdy, Gade, Dvorak, Bruch und seinen Freunden Schumann und Brahms wurden direkt oder indirekt für ihn geschrieben.


Beethoven-Quartette

Im April konnte die Musikabteilung ein sorgsam gepflegtes Kleinod erwerben: Das Stimmenmaterial sämtlicher Streichquartette von Ludwig van Beethoven, vom Vorbesitzer − vermutlich einem Kammermusikliebhaber − liebevoll in vier weinrote mit artifizieller Goldprägung versehene Halbledereinbände eingebunden. Es handelt sich um frühe Pariser Stimmausgaben der Jahre 1825-1830, die anscheinend sehr pfleglich behandelt wurden. Sämtliche Noten im klaren Plattenabzug weisen keinerlei Eintragungen, Abnutzungen und Beschädigungen auf und sind altersgemäß sehr gut erhalten. Die Genese von Beethovens Quartetten ist durch seine zahlreichen Krankheiten, Krisen und nicht zuletzt seine zunehmende Gehörlosigkeit geprägt - diese Werke wirken teilweise noch heute als erschütterndes Zeugnis. Die erworbenen französischen Quartettausgaben beweisen einmal mehr die verbreitete Rezeption sämtlicher Quartette nicht nur im unmittelbaren Wirkungsumfeld des Komponisten. Das ist gerade für die späteren Opera beachtlich. Während etwa die ersten Quartette op. 18 noch sehr in der Tradition der großen Vorbilder Haydn und Mozart verwurzelt sind, wird auf das Fassungsvermögen der Hörer schon ab op. 59 zunehmend weniger Rücksicht genommen. Seine Werke fanden stets auch im Ausland Verbreitung und aufmerksame, "verständnisvolle" Liebhaber.


Mendelssohn-Skizzen

Zum Ende des Jahres 2015 gelang es der Staatsbibliothek zu Berlin, unterstützt durch eine großzügige Spende der Rudolf-August Oetker-Stiftung, ein Autograph von Felix Mendelssohn Bartholdy zu erwerben, das der Wissenschaft bislang unbekannt ist: Es handelt sich um ein Autograph mit 4 Skizzenblättern, 8 beschriebenen Seiten, mit der Niederschrift eines Partiturfragments zum Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll (MWV O 7) und zur Kantate "Die erste Walpurgisnacht" (MWV D 3).
Die Skizzen waren der Forschung bisher noch nie zugänglich, weil sie sich in Privatbesitz befanden. Sie passen ausgezeichnet in den Sammlungszusammenhang des Mendelssohn-Archivs der Staatsbibliothek zu Berlin, das den größten Kompositionsschatz Felix Mendelssohn Bartholdys und seiner Familie weltweit verwahrt.
Die Fragmente sowohl des Klavierkonzerts als auch der Walpurgisnacht sind für die Forschung von größtem Wert, da sie den Entstehungsprozess der Werke sowie die Arbeit des Komponisten erhellen. Die Skizzen stammen aus den Jahren 1830 bis 1832, sie gehören zu weiteren Skizzen eines in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrten Konvolutes und enthalten teilweise völlig unbekannte Musik. So sind sie Primärquellen ersten Ranges, um das erste Klavierkonzert und die Walpurgisnacht als kompositorische Werke umfassend erforschen und würdigen zu können. Das Autograph befindet sich in einem sehr guten Erhaltungszustand, der der bisherigen Verwahrung in Privatbesitz zu verdanken ist.


Zusätzliche Musikhandschriften aus der Sammlung von Aloys Fuchs

Die Staatsbibliothek konnte im Antiquariatshandel in Wien für ihre Musikabteilung ein kleines, aber sehr einschlägiges Konvolut von Musikhandschriften aus dem Nachlass des Handschriftensammlers Aloys Fuchs (1799 - 1853) erwerben.

Der in Wien tätige Fuchs gilt heute als bedeutender Musikhandschriftenkenner, dessen Sammlung 1879 zu großen Teilen an die Königliche Bibliothek in Berlin verkauft worden war. Seine Autographen umfassten so berühmte Namen wie Bach, Händel, Gluck und Beethoven. Zu den bislang in der SBB-PK vorhandenen 645 Quellen aus der Provenienz Fuchs kommen nun weitere drei Musikhandschriften - von Wenzel Robert von Gallenberg (1783-1839), Anselmo Marsand (1769-1841) und Johann Mederitsch (1752-1835) - die die Vielfalt der Sammeltätigkeit von Fuchs dokumentieren. Außerdem konnte ein Brief an den Musiksammler Carl Ferdinand Becker in Leipzig von 1840 sowie ein von Fuchs zusammengestelltes Verzeichnis "Sämmtliche Werke von Christoph Ritter von Gluck" aus dem Jahr 1842 erworben werden.


Ergänzung des Musiknachlasses von Woldemar Bargiel

Aus Familienbesitz konnte die Staatsbibliothek für ihre Musikabteilung eine Ergänzung zu einem im Herbst 2007 erworbenen Nachlass von Woldemar Bargiel (55 Nachl 59) kaufen. Woldemar Bargiel war Halbbruder der neun Jahre älteren Clara Schumann und besaß brieflichen Kontakt nicht nur mit dem Umfeld der Schumanns, sondern mit eigentlich allen Komponisten, die zum Ende des 19. Jahrhunderts auf der Höhe der Zeit standen.

Besondere Wertschätzung verdient dieser Nachlass vor allem, weil er neue Aspekte zum Künstlerkreis um Clara und Robert Schumann, Johannes Brahms und den Geiger Joseph Joachim liefert. Bei dem Supplement zu diesem Nachlass handelt es sich um ein Pastellgemälde aus dem Jahr 1810, das Adolph Bargiel, den Vater Woldemar Bargiels darstellt. Daneben wurden auch einige Fotografien der Kinder von Woldemar Bargiel sowie zwei eingerahmte Zeichnungen Woldemar Bargiels, die seine Ehefrau und seine Schwester abbilden, übernommen.

Eine besondere Kuriosität dieser Nachlassergänzung sind auch ein kunstvoll gearbeiteter Zier-Taktstock von 1887 und ein Tintenbesteck des Komponisten, das er bei seiner Ernennung zum Professor an der Königlichen Musikhochschule Berlin 1876 geschenkt bekam.


Seltener Druck der Partitur-Erstausgabe der „Bauernkantate“ J.S. Bachs erworben

Die Staatsbibliothek konnte für ihre Musikabteilung die seltene Partitur-Erstausgabe der als "Bauernkantate" bezeichneten weltlichen Bachkantate "Mer hahn en neue Oberkeet" (BWV 212) antiquarisch erwerben.
Das vom ersten Kustos der Berliner Musikabteilung Siegfried Wilhelm Dehn (1799-1858) herausgegebene Werk war bisher ein empfindlicher Kriegsverlust innerhalb des historischen Notenbestandes. Darüber hinaus ist der Wiedererwerb eine ideale Ergänzung zum Bachautograph, welches unter der Signatur Mus.ms. Bach P 167 im Nachlass von Carl Philipp Emanuel Bach verwahrt wird.

Johann Sebastian Bach komponierte im Jahr 1742 diese in obersächsischer Mundart auf einen Text von Christian Friedrich Henrici (1700-1764, genannt Picander) gehaltene Kantate als Huldigung an den kurfürstlich-sächsischen Kammerherrn auf dem Rittergut Kleinzschocher, Carl Heinrich von Dieskau (1706-1746). Dieskau ist ein Vorfahr des bekannten Sängers Dietrich Fischer-Dieskau (1925-2012), dessen Nachlass vor kurzem in die Staatsbibliothek gekommen ist.


Porträt der Amalie Sebald aus dem Jahr 1814

Im Januar erwarb die Musikabteilung von der Kunsthandlung Schmidt & Green aus Wuppertal ein sehr qualitätsvolles Bleistiftporträt einer jungen Dame. Gezeichnet bis zur Hüfte, im Halbprofil nach links, sind der Kopf und die großen wachen Augen auf den Betrachter gerichtet. Eine handschriftliche Bleistiftnotiz auf der Rückseite "wahrscheinlich die Berliner Sängerin Amalie Sebald, die Freundin Beethovens [...]" lässt aufhorchen. Von Amalie Sebald (1787 - 1846) waren bis jetzt nur zwei Porträts bekannt. Ein Pastell von der Malerin Dora Stock und eine Miniatur auf Elfenbein von Johann Heusinger. Das vorliegende Porträt ist datiert und entstand, ebenso wie die Miniatur von Heusinger, im Jahre 1814. So liegt das Datum der Entstehung nur zwei Jahre hinter dem zweiten und letzten Treffen mit Ludwig van Beethoven (1770 - 1827) im Kurbadeort Teplitz.
Das Werk, dessen Schöpfer leider unbekannt ist, ergänzt den reichen Beethovenbestand der Staatsbibliothek auf besonders schöne Weise.

Dieses Porträt im StaBiKat


Bislang unbekanntes Mendelssohn-Autograph erworben

Felix Mendelssohn Bartholdy hat zahlreiche seiner Klavierstücke und Lieder nicht nur einmal - bei der eigentlichen Komposition - niedergeschrieben, sondern später verschiedene eigenhändige Reinschriften angefertigt, die er Freunden und Bekannten, KollegInnen und VerehrerInnen zum Geschenk machte. Auf diese Weise sind von manchen Werken bis zu zehn autographe Quellen erhalten, die mitunter in Details voneinander abweichen und daher für die Frage nach der Werkgestalt von großem Interesse sind.
Vor kurzem konnte nun die Musikabteilung eine solche autographe Reinschrift des "Reiselieds" op. 19[a] Nr. 6 ("Bringet des treusten Herzens Grüße") erwerben. Diese Quelle, die gegenüber dem Erstdruck des Liedes von 1833 einige kleinere Abweichungen in der Klavierbegleitung aufweist, befand sich lange Zeit in Privatbesitz und steht nun zum ersten Mal seit fast 70 Jahren wieder der Wissenschaft zur Verfügung. Bereits seit 1878 wird hingegen die Erstniederschrift dieses Liedes im Magazin der Musikabteilung verwahrt, die seinerzeit zusammen mit Mendelssohns kompositorischem Nachlass in die damalige Königliche Bibliothek gelangte.

Digitalisat der Handschrift


Nachlass von Dietrich Fischer-Dieskau kam als Geschenk in die Bibliothek

Der Nachlass des vor zwei Jahren verstorbenen Sängers, Dirigenten und Schriftstellers Dietrich Fischer-Dieskau wurde der Staatsbibliothek zu Berlin von seiner Witwe Julia Varady, verh. Fischer-Dieskau, großzügig als Geschenk übergeben. Die Generaldirektorin der Staatsbibliothek, Barbara Schneider-Kempf, dankte Frau Fischer-Dieskau sehr für dieses außerordentliche Geschenk, das eine der weltweit bedeutendsten Musiksammlungen hervorragend ergänzen wird.

Noch zu Lebzeiten hatte Dietrich Fischer-Dieskau (1925-2012) verfügt, dass sein Nachlass in seiner Heimatstadt Berlin, wo er viele Höhepunkte seines Schaffens erlebt hatte, verbleiben und dort der Forschung zur Verfügung stehen soll. Fischer-Dieskau wurde auf den großen Bühnen der westlichen Welt als herausragender Lied- und Opernsänger gefeiert, einem breiten Publikum ist er durch zahlreiche Tonaufnahmen (Schallplatten und CDs) bekannt. Sein Repertoire umfasste etwa dreitausend Lieder von über einhundert Komponisten. Als Schriftsteller befasste er sich vielfach mit Musiktheorie und -geschichte. Seit 1983 hatte er eine Professur an der Hochschule der Künste Berlin inne.

Der Inhalt von über 100 Nachlasskisten - vergleichbar etwa 20 Umzugskartons - wird jetzt gesichtet und für die Erfassung in der Datenbank der Nachlässe vorbereitet. Zu dem Nachlass gehören zahlreiche Musikdrucke mit eigenhändigen Notizen, darunter sehr viele Lieder und umfangreiche Korrespondenzen mit Musikern, Konzertagenturen, Firmen oder auch Verehrern. Sodann Manuskripte zu seinen Vorträgen, Aufsätzen und Büchern, des Weiteren Verträge, Fotos und viele Schallplatten und CDs. Ein besonderes Stück des Nachlasses ist sein Konzertflügel, den er in den 50-er Jahren zu Beginn seiner Karriere kaufte. Der innenliegende goldfarbene Metallrahmen trägt die Unterschriften vieler Künstlerkollegen, so von Jörg Demus, Leonard Bernstein, Daniel Barenboim, Wilhelm Kempf, Aribert Reimann und anderen.

Die Materialien Fischer-Dieskaus werden jetzt in jener Bibliothek aufbewahrt, die zahlreiche der von ihm interpretierten Werke im Original besitzt, so die herausragenden Kompositionen von Bach, Beethoven, Mozart, Schubert, Schumann oder Mendelssohn Bartholdy.


Stargardt-Erwerbung: Musikhandschrift der "Mareike von Nymwegen" von Eugen d’Albert

Bei der Frühjahrsauktion von J. A. Stargardt erhielt die Musikabteilung den Zuschlag für die autographe Partitur des Legendenspiels "Mareike von Nymwegen" von Eugen d'Albert (1864-1932). Der zu Lebzeiten als Komponist wie auch Pianist renommierte d'Albert komponierte diese Oper in den Jahren 1921 und 1922; die Uraufführung fand Ende Oktober 1923 am Stadttheater Hamburg statt. Die ungewöhnlich großformatige Partitur (ca. 55 x 35 cm), die weitgehend mit Bleistift geschrieben ist, befand sich als Teil des Archivs des Musikverlags Sikorski lange Zeit im Sächsischen Staatsarchiv in Leipzig, wurde 2012 an die Alteigentümer zurückgegeben und bildet nun eine willkommene Ergänzung der Sammlungen der Musikabteilung der Staatsbibliothek, die bereits die Originalhandschriften von d'Alberts Hauptwerk "Tiefland" sowie weiterer seiner Opern besitzt.


Beethoven-Brieflein aus dem Jahr 1824

Die Musikabteilung konnte jüngst ihre umfangreiche Sammlung von Beethoven-Briefen um ein bisher unbekanntes Billett des Komponisten an seinen Famulus und späteren Biographen Anton Schindler (1797-1864) bereichern. Es findet sich hier im vertrauten Kreise alter Gefährten wieder: Bereits in den 1880er Jahren waren mit einem Nachlassteil Schindlers nicht weniger als 65 Briefe Beethovens an ihn in die Bibliothek gekommen, die überwiegend aus den Jahren 1823-24 stammen. Es ist die Zeit der Entstehung und der ersten Aufführungen von "Missa solemnis" und Neunter Sinfonie. Hier ordnet sich chronologisch auch das undatierte neue Stück ein, das von Schindler mit der Jahresangabe 1824 versehen wurde. Es geht um einen Besuchstermin des mit Beethoven befreundeten Journalisten und Schriftstellers Joseph Karl Bernard (1780-1850), der ihn in Fragen der Vormundschaft über den Neffen Karl beriet und für ihn ein Oratorienlibretto verfasste, zu dessen Vertonung es jedoch nicht kam. - Beethoven notierte seine kurze Mitteilung in Blei; von Schindler ist die Schrift dann - wie in vielen anderen Fällen auch - mit Tinte nachgezogen worden.
Das Billett muss bereits früh von Schindlers Nachlass abgespalten worden sein. Es befand sich zuletzt in einer privaten Handschriftensammlung im Rheinland, die kürzlich beim Berliner Auktionshaus Stargardt zur Versteigerung gelangte. Dabei bemerkten alle Beteiligten sehr bald, dass es das Blättchen mit aller Macht in den alten vertrauten Kreis zurückzog. Das wurde respektiert: Die Bibliothek erhielt ein gesondertes Kaufangebot und griff zu.

Digitalisat des Briefes


Erwerbungssensation: die Notenhandschrift von C.M. von Webers Klavierkonzert Nr. 2 jetzt in Berlin

Bedeutender Ankauf: Die Staatsbibliothek zu Berlin hat die eigenhändige Notenhandschrift des Klavierkonzertes Nr. 2, Es-Dur, op. 32 von Carl Maria von Weber erworben. Das Autograph umfasst 74 Seiten im quer-Folio-Format und entstand 1811/12 in Gotha und München. Ermöglicht haben diesen Ankauf von seltenem Format die Deutsche Bank Stiftung, die Rudolf-August Oetker-Stiftung, der Freundes- und Förderverein der Staatsbibliothek zu Berlin, die Wüstenrot-Stiftung und die Kulturstiftung der Länder. Allen Zuwendungsgebern gilt unser großer Dank. - Gutachter strichen u.a. heraus, dass nach 23 Jahren zum ersten Mal wieder ein Musikautograph dieser Bedeutung aus der deutschen Romantik in Deutschland in öffentlichen Besitz gelangt. Von großem Vorteil ist dabei, dass die Weber-Gesamtausgabe durch ihren Sitz an der Staatsbibliothek zu Berlin in unmittelbarer Nähe zu den Quellen angesiedelt ist - die Arbeit an und mit diesem Werk wird vorgezogen und beginnt sofort.

Ausführlicher Bericht im Bibliotheksmagazin 3/2013
Digitalisat der Handschrift
Weber-Sammlung
Pressemitteilung


Ein Brief von Frédéric Chopin

Die Staatsbibliothek erwarb für ihre Musiksammlung einen eigenhändig handschriftlichen und auch signierten Brief von Frédéric Chopin an seinen engen Freund, den Klavierbauer Camille Pleyel in Paris. Der Brief in französischer Sprache entstand auf dem Landgut von George Sand in Nohant im Departement Indre, 300 Kilometer südlich von Paris, Mitte Mai 1842. Chopin teilt u.a. mit, daß er soeben ein von Pleyel produziertes Klavier erhalten habe, doch habe er bislang noch gar nicht auf ihm gespielt, denn das Wetter sei so angenehm, daß er sich meistenteils im Freien aufhalte. Jener Sommer des Jahres 1842, den Chopin teilweise zusammen mit Eugène Delacroix verbrachte, war für sein kompositorisches Schaffen von besonderer Bedeutung.

Ausführlicher Bericht im 
Bibliotheksmagazin 3/2012


Nachlass des Harfenisten Franz Poenitz als Geschenk

Die Urenkel des Harfenisten und Komponisten Franz Poenitz (1850-1912) schenkten der Staatsbibliothek zu Berlin den Nachlass des Künstlers, der fast 50 Jahre lang der Königlichen Hofkapelle Berlin als 1. Harfenist angehörte. Der Todestag Poenitz’ jährt sich am 19. März zum 100. Mal.

Im Rahmen eines von Mitgliedern der Staatskapelle Berlin am 15. Januar im Bode-Museum ausgerichteten Brunch-Konzerts überreichte Herr Andreas Fischer, einer von Poenitz' Urenkeln, Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf einen ersten Teil des Nachlasses. Es handelt sich hierbei um fast 30 Kilogramm Musikautographe, Notendrucke sowie Klavier-Auszüge, einige mit originaler Unterschrift Richard Wagners. Im Lauf des Jahres folgen weitere Stücke des Nachlasses wie historische Fotos, Programmzettel, Zeitungsartikel, Korrespondenz, Gemälde und andere Lebenszeugnisse des Künstlers; diese Dokumente werden zuvor während der Jahrestagung des Verbandes deutscher Harfenisten am 1. Mai 2012 in Magdeburg ausgestellt. 

Der als Wunderkind gefeierte Franz Poenitz trat bereits mit sechs Jahren in Konzerten in Dänemark und Schweden auf. Nach einer gründlichen Ausbildung als Harfenist und Komponist gehörte er schon mit 16 Jahren der Königlichen Hofkapelle der Oper als Kammermusiker bzw. Kammervirtuose an und blieb dieser bis zu seinem Tod fast 50 Jahre lang treu. 1876 gehörte er zu den ersten Bayreuther Sieben, der Harfenistengruppe an Richard Wagners Festspieltheater. Seine von der Besetzung her größte Komposition ist Vineta, op. 74, eine Phantasie für große Orchester mit obligater Harfe, die 1911 unter Richard Strauß uraufgeführt wurde. Überwiegend komponierte Franz Poenitz Lieder und Kammermusik sowie Werke für eine und zwei Harfen. Virtuos auch auf dem Harmonium, stellte er dieses Instrument dem Berliner Publikum 1893 in einem ersten Harmoniumkonzert vor, für das er von der Öffentlichkeit mit viel Lob bedacht wurde.

Pressemitteilung
Franz Poenitz


Alexander Mendelssohns Sanssouci: Die „Villa Sorgenfrei“ in Charlottenburg

Das Bankhaus Mendelssohn gehörte im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu den führenden Privatbanken in Berlin. Der langjährige Bankchef Alexander Mendelssohn (1798-1871), Sohn des Bankgründers Joseph und Cousin der Komponisten-Geschwister Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy, erwarb Anfang der 1840er Jahre die Villa Sorgenfrei in Charlottenburg als Sommerfrische für sich und seine Familie. Kurz danach gab er bei dem Berliner Pferdemaler Carl Steffeck ein Bild in Auftrag, das die Gartenfront der Villa und im Vordergrund ein edles Reitpferd zeigt, das der Stallknecht offenbar für den Ausritt des Herrn Bankier bereithält. Da das Gebäude 1881 für einen Neubau abgerissen wurde, ist dieses Bild ein herausragendes Dokument für die bürgerliche Lebenskultur der Familie Mendelssohn um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Dank großzügiger Unterstützung durch die Kulturstiftung der Länder konnte es im Jahr 2011 für die Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv erworben werden. Vom 24. Januar bis zum 1. Juli 2012 wird das Gemälde als Leihgabe im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Ausstellung "Sorgenfrei - Die Familien Mendelssohn und Oppenheim in Charlottenburg" gezeigt.


145 Bülow-Briefe

Die Staatsbibliothek zu Berlin konnte zur Ergänzung des Nachlasses des Pianisten und Dirigenten Hans von Bülow 145 Briefe von seiner Hand erwerben, die bei der Frühjahrsauktion von Stargardt unter den Hammer kamen. 103 dieser Briefe richtete Bülow (1830-1894) an seine Mutter, weitere Briefe sind an seinen Vater, seine Schwester Isidora und seinen Schwager Viktor von Bojanowski adressiert. Er verfasste die Briefe, die über 550 beschriebene Seiten umfassen, in den Jahren 1850 bis 1884.

Für die Musikwissenschaft stellen die Briefe einen wahren Schatz dar, insbesondere da zwei Drittel davon unveröffentlicht sind. In der Musikabteilung wird der Nachlass Bülows verwahrt und, wann immer möglich, erweitert. Derzeit umfasst er 50 Kästen und zählt damit zu den umfangreichen Nachlässen.


Teilnachlass Wilhelm Furtwängler

Im Frühjahr 2011 erhielt die Musikabteilung aus Privatbesitz wertvolle Dokumente als Ergänzung zum Nachlass des Dirigenten und Komponisten Wilhelm Furtwängler. Darunter befinden sich zahlreiche Privatfotos von Furtwängler und seiner ersten Frau Zitla Furtwängler-Lund, Ausweisdokumente und ein Kalender des Dirigenten.

Eine Gipsbüste Furtwänglers wurde der SBB ebenfalls überlassen, die als Vorlage für einen Bronzeabguss diente, der in der alten Berliner Philharmonie stand. Diese Bronzebüste scheint im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen zu sein, weshalb die Gipsbüste nun eine Rarität darstellt. Sie stammt von dem dänischen Künstler Gustav Adolf Hedblom und entstand im Jahr 1933.


Mendelssohns Obstkorb

Felix Mendelssohn Bartholdy war nicht nur einer der herausragenden Komponisten seiner Zeit, sondern hatte auch ein beachtliches zeichnerisches Talent. Diesem Talent verdanken wir nicht nur zahlreiche Zeichnungen, auf denen er Stationen seiner Reisen festhielt (vgl. beispielsweise das Schweizer Skizzenbuch von 1842), sondern auch etliche kleinere Illustrationen. Bei Christie’s in London konnte die Musikabteilung vor kurzem ein illustriertes Albumblatt Mendelssohns aus dem Oktober 1846 erwerben, das einen reich gefüllten Obstkorb, darunter ein Notenzitat aus dem 2. Akt von Beethovens „Fidelio“ mit dem Text „O Dank, Ihr habt uns sehr erquickt“ und schließlich die Worte „das wiederholt die ganze Familie von Felix Mendelssohn Bartholdy“ zeigt. Anzunehmen ist demnach, dass Mendelssohn sich mit diesem Blatt bei einem Freund für die genossene Gastfreundschaft bedankte; für wen das Albumblatt bestimmt war, ist jedoch unbekannt.


Aquarell von Fanny Hensels Musikzimmer

Die Musikabteilung konnte im Juni 2010 ein Original-Aquarell von Julius Eduard Wilhelm Helfft mit der Darstellung des Musikzimmers der Fanny Hensel erwerben. Der Ankauf erfolgte über das Berliner Musikantiquariat Dr. Werner Greve und wurde durch die großzügige Unterstützung der Hermann Reemtsma-Stiftung ermöglicht. Das 1849 entstandene Bild zeigt den legendären Ort der „Sonntagsmusiken“ Fanny Hensels in der Leipziger Straße 3 in Berlin mit dem großen Flügel, dem Notenständer sowie zahlreichen Gemälden an den Wänden.


Autograph von Felix Mendelssohn Bartholdy

Der Staatsbibliothek zu Berlin gelang es, ein bedeutendes Autograph von Felix Mendelssohn Bartholdy zu erwerben. Er schrieb im Frühjahr 1837 seine vier Quartette für Männerstimmen a cappella „Trinklied, Wasserfahrt, Sommerlied und Dreistigkeit“ ab; die Texte dazu stammen von Goethe und Heine. Während die ersten drei Quartette 1840 und postum 1849 gedruckt worden sind, handelt es sich beim Lied „Dreistigkeit“ um eine Fassung, die bislang unveröffentlicht geblieben ist. Der Ankauf ergänzt die Mendelssohn-Sammlungen der Bibliothek auf das Beste, ergeben sich doch zu bereits im Bestand vorhandenen Versionen dieser Lieder nun Vergleichsmöglichkeiten für die Forschung.

Digitalisat der Handschrift

Weitere Informationen im 
Bibliotheksmagazin 1/2010


Lautensuite von Johann Sebastian Bach

Der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz gelang es, aus Privatbesitz eine bedeu­tende Abschrift eines Werkes von Johann Sebastian Bach aus dem Jahr 1725 erwerben. Bachs Autograph der Lautensuite e-Moll BWV 996 ist nicht erhalten, so dass der Abschrift von der Hand Nikolaus Heinrich Gerbers, eines Schülers Bachs in Leipzig, die Bedeutung der Primärquelle zukommt. Die Erwerbung wurde von der KulturStiftung der Länder mitfinanziert. Nikolaus Heinrich Gerber gilt als äußerst zuverlässig, weshalb diese Abschrift aufgrund ihrer Quellentreue für die Bach-Forschung von sehr hohem Wert ist. Die Handschrift - bisher als die verloren geglaubte „Quelle B“ bezeichnet - hat einen sehr guten Erhaltungszustand. Volldigitalisat

Da sich die Abschrift bis vor kurzem in Privatbesitz befand, konnte sie für die vom Johann-Sebastian-Bach-Institut in Göttingen und vom Bach-Archiv Leipzig besorgte Neuedition der Werke Johann Sebastian Bachs in der Neuen Bachausgabe nicht berücksichtigt werden. Umso bedeutender ist es, die Komposition der Lautensuite jetzt für die Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. In der Berliner Bach-Sammlung befindet sich auch die zweite erhaltene Abschrift der Suite, gefertigt von Johann Gottfried Walther.

Für die Bach-Forschung besteht in der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin eine ideale Umgebung: 
Die soeben erworbene Abschrift reiht sich in die weltweit größte Sammlung mit Werken Johann Sebastian Bachs ein. Rund 80% aller Autographe des Meisters werden hier aufbewahrt. Ergänzt werden diese Originalquellen durch einen umfangreichen Bestand an frühen Abschriften der Werke Bachs sowie durch Autographen und Abschriften von Werken seiner komponierenden Söhne Wilhelm Friedemann, Carl Philipp Emanuel, Johann Christoph Friedrich und Johann Christian.

Präsentation der Lautensuite mit Konzert im SIM am 11. Oktober 2009, 11 Uhr in der Reihe Alte Musik live


Carl Maria von Weber: Aufforderung zum Tanze

Zu den bekanntesten, im besten Sinne populären Kompositionen Carl Maria von Webers gehört neben seinem Freischütz auch die Aufforderung zum Tanze op. 65. Das 1819 entstandene Klavierstück, das der Komponist seiner Frau Caroline widmete, ist, abgesehen von dem im August 1821 bei Schlesinger in Berlin publizierten Erstdruck, in drei authentischen Quellen überliefert: neben dem autographen Entwurf vom 23. Juli 1819 (Staatsbibliothek zu Berlin) und der autographen Reinschrift vom 28. Juli 1819 (New York, Pierpont Morgan Library) befand sich in Privatbesitz noch eine Widmungskopie, die Weber 1820 Fanny von Egloffstein geschenkt hatte - diese Handschrift konnte nun dank der Vermittlung des New Yorker Antiquariats Lion Heart Autographs für die Weber-Kollektion der Berliner Staatsbibliothek erworben werden.

Die gräfliche Familie von Egloffstein aus Lamgarben (bei Schippenbeil in Ostpreußen) war gegen Ende des Jahres 1819 nach Dresden gezogen; am 5. Dezember 1819 sind erste Kontakte zu Weber in dessen Tagebuch bezeugt. Nachdem die Comtesse Egloffstein Weber am 7. Dezember erstmals vorgespielt hatte, ist am 31. Dezember 1819 ihre erste Lektion nachweisbar; es folgten bis zum 5. Juni 1820 in dichter Folge weitere 85 Unterrichtseinheiten, die trotz des Todes des Grafen Egloffstein Ende Januar 1820 keine nennenswerte Unterbrechung erfuhren. Erst Fannys Verlobung mit Ernst von Mangoldt im Mai und die nachfolgende Abreise der Familie aus Dresden beendeten die Ausbildung (das letzte Treffen notierte Weber in seinem Tagebuch am 25. Juli 1820).
Webers Abschiedsgeschenk für seine Schülerin war eine Abschrift seiner im Juli 1819 vollendeten Klavierkomposition Aufforderung zum Tanze, die er von einem seiner Hauptkopisten (Johann Gottlieb Lauterbach) abschreiben ließ und am 11. Juni 1820 mit folgender Widmung versah: „Seiner lieben, fleißigen und talentvollen Schülerin, Comtesse Fanny v. Egloffstein. Carl Marie von Weber“.

Erstaunlich an diesem Manuskript: Während Weber üblicherweise Widmungskopien kaum einer eingehenden Durchsicht für würdig befand, blieb in der 12-seitigen Abschrift keine Seite unkorrigiert. Webers Eintragungen betreffen die Artikulation, Bogensetzung, Dynamik und verbale Interpretationsanweisungen; die Schriftanteile des Komponisten reichen von der fast komplett eigenhändigen Titelseite bis hin zu ergänzten Punkten, Strichen, Akzenten und Bögen, die nur mittels der Tintenfarbe als autographe Zusätze erkennbar sind. Vergleichbar umfangreiche und substantielle Korrekturen finden sich sonst bestenfalls in Stichvorlagen (jene zur Aufforderung zum Tanze ist allerdings verschollen). Besonders interessant ist, dass die Auszeichnungen in vielen Details von dem durch Weber redigierten Erstdruck abweichen (Fahnenkorrekturen sind für die erste Juli-Hälfte 1821 bezeugt) - der Vergleich verdeutlicht eine erstaunliche vom Komponisten legitimierte Varianz dieser sekundären Parameter des Notentextes selbst in zeitlich benachbarten Quellen, liegen zwischen der Korrektur der Egloffstein-Abschrift und jener der Probeabzüge des Erstdrucks doch gerade dreizehn Monate. Weniger interessant sind die mit Bleistift nachgetragenen Fingersätze, die bei der ersten nachweisbaren Auktion der Handschrift (November 1966 bei Karl & Faber in München) fälschlicherweise als möglicherweise von Weber herrührend beschrieben wurden - sie stammen von einem unbekannten Vorbesitzer.