Musik

Sammlung Deutscher Drucke (SDD)

In der "Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke" kooperieren seit einem 1989 geschlossenen Vertrag sechs überregional bedeutende wissenschaftliche Bibliotheken miteinander, die sich zum Auftrag gemacht haben, Druckerzeugnisse unterschiedlicher Segmente vom Beginn des Buchdrucks bis in die Gegenwart möglichst lückenlos zu erwerben und zu erschließen. Wurde das Projekt anfangs noch von der Volkswagen-Stiftung finanziert, tragen es jetzt finanziell die einzelnen teilnehmenden Bibliotheken.

Einen einer Nationalbibliothek gemäßen Sammelauftrag für einzelne Sparten gedruckter Literatur hatte es in Deutschland lange nicht gegeben, obwohl immer bestimmte Bibliotheken bekannt dafür waren, dass sie historische Drucke aus einem ganz bestimmten Zeitraum bewahren und diesen Bestand kontinuierlich ausbauten. Im Rahmen des Projekts "SDD" ist die Musikabteilung für die Erwerbung und Erschließung von Musikdrucken aus dem deutschen Sprachraum für den Zeitraum 1801 bis 1945 zuständig. Sie kann dabei auf den reichen Bestand der sogenannten "Deutschen Musiksammlung" (DMS) aufbauen, einer Pflichtstücksammlung für die meist deutsche Musikverlagsproduktion aus den Jahren 1906 bis 1945. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts kam mit dem Gedanken der Errichtung einer Reichsbibliothek, heute würde man sagen Nationalbibliothek, auch der Gedanke an eine Reichsmusikbibliothek zustande, die 1912 Teil der Musikabteilung werden sollte. Auf Initiative des damaligen Oberbibliothekars und späteren Abteilungsdirektors Wilhelm Altmann (1862-1950) sollte ab 1903 die Königliche Bibliothek Sammelstelle einer freiwilligen Abgabe von in Deutschland gedruckten Musikalien werden. Einem Aufruf des Verlags Breitkopf und Härtel zur Gründung einer Reichsmusikbibliothek schlossen sich mehrere Verlage an, auch aus dem Ausland, sodass ab 1906 die Verlagsproduktion durch die zahlreichen Belegexemplare beinahe lückenlos dokumentiert ist. Manche Belegexemplare gehen sogar bis in die Jahre der deutschen Reichsgründung 1871 zurück, da viele Verlage nicht nur ihre Neuerscheinungen, sondern auch Ausgaben aus ihren Lagerbeständen einreichten. Interessant an dieser Sammlung ist neben Erstdrucken auch bekannter ausländischer Komponisten der große Anteil damaliger Unterhaltungsmusik und "leichter Musik" sowie die Schlager der 20er und 30er Jahre.

Zu den primären Aufgaben gehört es heute, durch antiquarische Erwerbungen die durch Kriegseinwirkungen hervorgerufenen Lücken in der "Deutschen Musiksammlung", die anhand alter Zettelkarten lokalisiert werden können, zu schließen. Erworben werden vor allem Erstdrucke sowie Plattendrucke Berliner Verlage aus den ersten Jahren nach 1801. Hierbei können immer wieder für die Musikwissenschaft erfreuliche Erwerbungen getätigt werden, die die "Deutsche Musiksammlung" um weitere Kostbarkeiten veredeln.

Titelblätter in Auswahl

Carl Zabel: Jubel-Fest-Marsch op. 163. Seiner Hoheit dem Herzoge Wilhelm von Braunschweig Lüneburg-Oels zu Allerhöchst Dessen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum am 25. April 1881 in tiefster Unterthänigkeit gewidmet, Fischer & Mohr, (Verlagsnummer 41), Braunschweig [1881], 5 S.

Carl Zabel war zweiter Hofkapellmeister am Braunschweiger Hoftheater und komponierte Tänze, Ballette und Militärmärsche. Die seltene Ergebenheitskomposition ist prunkvoll dekoriert und weist ein vergoldetes Porträtmedaillon auf.


Ludwig van Beethoven: Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria. 91 tes Werk für 2 Violinen, 2 Violen und Violonzello [!], Steiner und Comp., Plattennummer 23266, Wien [1816], 5 Stimmhefte.

Es handelt sich um die erste Ausgabe der Bearbeitung, die gleichzeitig mit der Originalausgabe erschienen ist. Die Stimme der ersten Violine weist neben Incipts der Schlachtmotive auch eine umfangreiche "Pränumerations-Anzeige" vom Februar 1816 für Beethovens 7. und 8. Sinfonie auf, die "unter der unmittelbaren Revision ihres Schöpfers Herrn Ludwig van Beethoven" bei Steiner vollendet werden sollte.


Paul Lincke: Ob du mich liebst. Für Pianoforte eingerichtet von Richard Tourbié, Apollo Verlag, Verlagsnummer A. 532 V., Berlin 1904, 7 S.

Das Titelblatt weist Elemente des Jugendstils auf. Es handelt sich um eine typische Ausgabe des Apollo-Verlags, dessen Eigentümer Paul Lincke war. In dieser brillanten Fantasie sollte das Lied aus Paul Linckes Operette "Nakiris Hochzeit" eine weite Verbreitung in der Bevölkerung finden.


Carl Maria von Weber (recte: Carl Gottlieb Reissiger): La Dernière Pensée Musicale de C.M. Weber arrangé en Romance. Avec Paroles et Accompagnement de Piano-Forte, Weygand, [ohne Plattennummer], A La Haye, [Den Haag] 1883, 2 S.

Es handelt sich um eine Weber untergeschobene Komposition, die von Carl Gottlieb Reissiger, Webers Nachfolger als Kapellmeister in Dresden stammt. Sie war bei Reissiger bereits 1822 als Nr. 5 der "Danses brillantes" op. 26 bei Peters erschienen. Die Singstimme ist zweisprachig deutsch und französisch unterlegt.