Orient
Neuerwerbungen
Die aktuellen Neuerwerbungen an Druckschriften im allgemeinen Bestand können Sie hier einsehen.
Die Orientabteilung erwirbt gemäß ihres Neuerwerbungsprofils auch kontinuierlich neue Handschriften und Materialien für ihre Sondersammlungen.
Die interessantesten Neuerwerbungen haben wir hier in einer knappen Übersicht zusammengestellt:
- Sammlung der jüdischen Displaced Persons
- Hebräische Handschriften
- Syrische Handschriften
- Armenische Handschriften
- Indische Handschriften
- Persische Handschriften
- Arabische Handschriften
Die Neuerwerbungen wurden auch in Artikeln des Bibliotheksmagazins beschrieben.
Bibliotheksmagazin 1/2019 (S. 5 - Vom Sammeln und Bewahren im 21. Jahrhundert)
Bibliotheksmagazin 3/2020 (S. 13 - Die Staatsbibliothek zu Berlin erwirbt für ihre Orientabteilung bedeutende Hebraica)
Neuerwerbungen der Sammlung der jüdischen Displaced Persons
Vaad-Hatzala-Psalmenausgabe aus der Sammlung der Displaced Persons (DPs)
Der Staatsbibliothek zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz ist es gelungen, eine seltene Ausgabe des Buches der Psalmen für ihre Sammlung der Displaced Persons zu erwerben.
Die Ausgabe wurde 1948 in München vom Vaad-Hatzala herausgegeben. Vaad-Hatzala ist Hebräisch und kann als Rettungskomitee, Komitee für Rettung etc. übersetzt werden. Dieses Komitee war 1939 in den Vereinigten Staaten von der Agadas Harabonim, der Union der Orthodoxen Rabbiner gegründet worden. Sein Ziel war zunächst, Juden aus Polen und Litauen zu unterstützen. Nach dem Krieg wurde das Komitee ein wichtiger Helfer im chaotischen Nachkriegsdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Juden, die den Krieg als Partisanen, im Untergrund oder in den Konzentrationslagern überlebt hatten, waren in den Lagern der Amerikanischen Zone gestrandet. Obwohl sie meist das Land ihrer Verfolgung so schnell wie möglich verlassen wollten, gab es für sie keine “schnelle” Möglichkeit einer Auswanderung nach USA oder nach Palästina, vor allem aufgrund der restriktiven Einwanderungspolitik und der schwierigen Situation im Nahen Osten.
Um den Menschen ihre “Wartezeit” auf das Exil erträglich zu machen, setzte sich das Vaad-Hatzala für das Notwendigste ein, vor allem versuchten sie, Bücher für die Menschen bereit zu stellen, die sie in den Jahren der Verfolgung entbehren mussten. Es waren vor allem religiöse Werke, aber auch Belletristik und praktische Literatur wurden gedruckt, meist auf schlechtem Papier, weshalb die Staatsbibliothek zu Berlin zusammen mit dem Verein der Freunde ein groß angelegtes Restaurierungsprojekt gestartet hat.
Unsere Psalmenausgabe ist in gewisser Hinsicht eine Ausnahme, denn sie ist recht gut erhalten und enthält – eine Besonderheit – dreizehn sehr farbig gestaltete Illustrationen, die mit Osiris gezeichnet sind.
Das Bild zeigt den berühmten Psalm 107 – “Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.”
Die verwendete Symbolik ist sprechend: die Ketten sind zerschlagen, man macht sich per Schiff auf in das Land der Verheißung, aber die Reise ist schwierig.
Eine weitere Besonderheit der Ausgabe findet sich in der Typographie: Im Resch des Wortes Sefer (Buch) befindet sich ein Punkt, sowohl auf dem Umschlag als auch auf der Titelseite.
Der Punkt im Resch des Wortes Sefer ist sehr prominent und mit Sicherheit nicht aus Versehen an seinen Ort gekommen. Philologisch macht ein Punkt im Resch keinen Sinn. Weiß vielleicht jemand, warum hier dieser Punkt steht. Wir wären wir für Hinweise dankbar.
Undzer Hofenung
Besonders wichtig für das Verständnis der Displaced Persons sind die Lagerzeitungen. Von ihnen haben wenige überlebt, umso höher ist zu bewerten, dass die Staatsbibliothek gleich von zwei Zeitungen umfassende Bestände erwerben konnte: von Undzer Hofenung und von der Bafrayung.
Die Lagerzeitung Undzer Hofenung (Unsere Hoffnung) ist das Organ der überlebenden Juden, die im DP-Lager Eschwege Airbase angekommen sind und von den Alliierten versorgt wurden, so gut es in den chaotischen Nachkriegszeiten möglich war. Das Lager wurde im Januar 1946 eröffnet, bereits am 4. Juni 1946 erschien die erste Ausgabe von Undzer Hofenung. Die Staatsbibliothek konnte alle Nummern vom 4. Juni 1946 bis zum 31. Januar 1947 erwerben.
Die Sprache der Zeitung ist Jiddisch, die Umgangssprachen der DPs, die in ihrer Mehrheit aus Osteuropa stammten. Jiddisch wird mit hebräischen Typen geschrieben, aber in Eschwege waren diese zunächst nicht verfügbar, so dass lateinischen Typen verwendet wurden. Gedruckt wurde in einem Haus auf dem Schulberg von Eschwege, das ursprünglich mit der Heimatzeitung verbunden war.
Abgebildet ist die erste Ausgabe Dinstog, 4. Juni 1946 [nach jüdischer Zählung 5-er siwon 5706 Erew szowues – also am Vorabend von Schawuot, dem jüdischen Wochenfest, einem Erntefest, siwon ist der jüdische Monat Siwan, der Mitte Mai beginnt und 5706 ist das jüdische Jahr, dem 1946 entspricht.]
Der „Acting Director“ C. L. Grant der U.N.N.R.A. begrüßt die neue „wechentliche cajtung“!
Hinter der Abkürzung U.N.N.R.A. verbirgt sich offensichtlich die „United Nations Relief and Rehabilitation Administration“ (eigentlich U.N.R.R.A.), eine im November 1943 gegründete Hilfsorganisation, die das Lager unterhielt und verwaltete.
Bafrayung
Von dieser jiddischen Zeitung, die von 1947 bis 1948 in München erschien, konnten 80 von überhaupt nur 97 erschienen Ausgaben in den originalen Verlagseinbänden erworben werden. Anders als Undzer Hofenung in Eschwege, wurde die Bayfrayung mit hebräischen Lettern gedruckt, die in München zur Verfügung standen. Die erste Ausgabe erschien am 15. Januar 1947. Herausgegeben wurde sie von Poale Zion (Poalei Tzion „Arbeiter Zions“) in „Deitshland“, einer zionistischen Bewegung. Der Druck erfolgte zunächst durch die Landsberger Verlagsanstalt Martin Neumeyer in Landsberg am Lech. Später wurde sie durch den Süddeutschen Verlag selbst gedruckt.
Die Zeitung erschien zunächst alle zwei Wochen, später dann allwöchentlich. Im Mittelpunkt der Berichterstattung standen vor allem Themen rund um die Politik in Palästina und der Staatsgründung Israels, aber auch lokale Probleme der DP-Lager in Deutschland wurden behandelt. Die jeweils letzte Seite jeder Ausgabe widmete sich den Neuigkeiten der zionistischen Bewegungen in den deutschen DP-Lagern und diversen Kleinanzeigen.
Politisch gesehen war die Bafrayung das radikalste Sprachrohr der sozialistischen Zionisten aus den deutschen DP-Lagern. Neben den wichtigen Artikeln, Annoncen und Lagermitteilungen ist auch wertvolles Bildmaterial aus den DP-Lagern eingeflossen.
Abgebildet ist die Ausgabe vom 14. Mai 1948, dem Tag der Staatsgründung Israels:
Unter einem Zitat von Herzl, lautet die Hauptüberschrift: „Der jüdische Staat wird verkündet!“ („Di Jidishe medine vert proklamirt“).
be-Gerush Kafrisin
Den steinigen Weg der DPs von den europäischen Lagern nach Palästina, bzw. Israel zeigt auch eine weitere Neuerwerbung der Staatsbibliothek: ein großformatiges Buch mit dem hebräischen Titel be-Gerush Kafrisin – im Exil Zyperns, das 26 Linolschnitte enthält. Es erschien wohl 1948.
Palästina wurde seit 1920 durch Völkerbundmandat von den Briten verwaltet, die die die jüdische Einwanderung streng limitierten. In der Folge entwickelte sich eine „illegale“ Einwanderungsbewegung (Ha‘apala), die u.a. Schiffe organisierte, um die DPs doch nach Palästina zu bringen. Diese Schiffe wurden von den Briten abgefangen und ihre Passagiere zwangsweise in Lager auf Zypern gebracht, die von 1946 bis 1949 bestanden.
Wie nicht zuletzt die Linolschnitte in be-Gerush Kafrisin dokumentieren, war das Leben in den Flüchtlingslagern hart (Wassermangel – so gibt es z.B. auch ein dem Thema gewidmetes Blatt unter dem Titel Mayim – Wasser, unzureichende Wohnverhältnisse, ebenfalls durch die Linolschnitte dokumentiert), aber es entwickelte sich trotzdem – wie auch in den Camps in Deutschland – ein reiches kulturelles Leben, das den Menschen ihren Lebensmut zurückgab.
Die spätere Ministerpräsidentin Golda Meir besuchte vor der Staatsgründung die Lager und berichtet davon in eindrucksvollen Bildern, so beschreibt sie z.B., dass sie von Kindern eines Lagers einen Blumenstrauß aus Papierblumen überreicht bekam, weil es natürlich keine „richtigen“ Blumen in dieser Tristesse geben konnte und sich die Kinder vielleicht gar nicht an echte Blumen erinnerten. Golda Meier schreibt dazu: „Seitdem habe ich viele Blumensträuße erhalten, unter ihnen wunderschöne von seltenen Blumen, aber bis zu diesem heutigen Tag, war keiner unter ihnen mit dem Papierblumenstrauß vergleichbar.“
In dieser traurigen Lageratmosphäre gab es dennoch religiöse und kulturelle Angebote. Teil dieser kulturellen Aktivitäten war das „Rutenberg Seminar“, benannt nach Pinhas Rutenberg (1879-1942), einem russisch-jüdischen Geschäftsmann, Ingenieur und zionistischen Aktivisten. Rutenberg bot auf Zypern ein Kunstprogramm an, beispielsweise lehrte dort Naftali Bezem (1924-2018), ein Absolvent der Bezalel Kunstschule in Palästina. Unter anderem unter seiner Leitung wurden das vorliegende Album mit 26 Linolschnitten hergestellt, die das Lagerleben in den DP-Lagern von Zypern abbilden.
Das Exemplar der Staatsbibliothek enthält eine auf 1948 datierte Widmung an Moshe Brachman von Baruch Rubinstein, dem Leiter des Rutenberg-Seminars.
Im Album befinden sich auch zwei Seiten mit Text, – als Linolschnitt – eine davon enthält das Motto für das Werk:
„Zypern ist eine Station auf dem Leidensweg ins Land Israel (Eretz Israel). Die jüdische Bedeutung dieses Namens ist: Stacheldrahtzäune, Verdammtsein zu Nichtstun und Siechtum. Trotzdem strotzte man in dieser Situation vor Leben. Darüber erzählten die Kameraden in diesem Buch von der Schar Israels in der Verbannung in Zypern.“
Hebräische Handschriften
Hs. or. 15098 - Esterrolle
Die Sammlung der hebräischen Handschriften in der Orientabteilung der Staatsbibliothek konnte kürzlich durch eine besondere Neuerwerbung erweitert werden: eine illuminierte Esterrolle aus Italien mit einem separaten „Segensblatt“, aufbewahrt in einem mit Samt ausgeschlagenen Lederfutteral.
Das Buch Ester erzählt in zehn Kapiteln die Geschichte der Jüdin Hadassa, die an den Hof des Perserkönigs Ahasverus kommt, nachdem dieser seine der ungehorsame Frau Wasti verstoßen hatte. Hadassa (hebr. für Myrte) erhält dort den persischen Namen Ester. Sie war ursprünglich die Pflegetochter des Juden Mordechaj, der sich aus religiösen Gründen weigerte, sich dem königlichen Minister Haman zu unterwerfen. Dieser beschließt daraufhin die Vernichtung aller Juden im ganzen Land, der Tag wird durch das Los (Pur) für den 13. Adar (jüdischer Monat Febr./März) festgesetzt. Auf Bitten Mordechajs interveniert Ester beim König, das Schicksal wendet sich und Haman und seine 10 Söhne enden am Galgen, der ursprünglich für Mordechaj gedacht war. Die Juden entgehen der drohenden Vernichtung und seitdem wird am 14. Adar Purim (Losfest) gefeiert.
Das durchaus fröhlich und ausgelassen gefeierte Purimfest wird bestimmt durch ein festliches Mahl, Freundschaftsgeschenke (Mischloach manot), Almosen an die Armen und eben der Lesung des Buches Ester, das auch Megilla (Rolle) genannt wird, denn es ist die letzte der fünf Rollen im dritten Teil der Bibel, den Ketuwim (Schriften, bzw. Hagiographen).
Die hebräische Schriftzeile unter dem Bild nennt den Künstler, ein für Esterrollen sehr seltener Umstand: „ausgeführt in der Heiligen Arbeit in Gazzolo, der Junge (ha-Tsa‘ir), der Schreiber (Sofer) Jechiel Menachem, Sohn des Avraham Urbino, seligen Angedenkens, am Donnerstag, dem 9. Adar [5]536 [der kleinen Zeitrechnung], was dem Jahr 1776 der allgemeinen Zählung entspricht.
Bei Gazzolo handelt sich wohl um einen Ortsteil der Stadt Cremona in der Lombardei, der diesen Namen trägt. Es gibt auch gleichnamige Orte in Brescia und Verona.
Zwei Schriftbänder zeigen hebräische Texte aus dem Buch Ester, die Kulisse mit Stadt und Palast im Hintergrund weist auf die persische Stadt Susan, der Schauplatz der Handlung der Estergeschichte. Der böse Haman hängt bereits am Galgen auf einem Haus etwas rechts von der Mitte. Im Bildvordergrund sehen wir Mordechaj zu Pferd und prächtig gekleidet. Nach einem Midrash (Auslegung des Textes) übergießt dabei die Tochter Mordechais aus einem Fenster heraus ihren darunter vorbeischreitenden Vater irrtümlich mit einem Eimer voll übler Flüssigkeit.
Hs. or. 15092 - Ketubba
Eine Ketubba (von der Wurzel כתב – Schreiben, das Geschriebene) ist eine Eheurkunde. In ihr verpflichtet sich der Ehemann, bei Scheidung oder Tod der Ehefrau eine festgelegte Summe auszuzahlen oder auszahlen zu lassen. Die Urkunde regelt auch den Mohar (מוהר), den Brautpreis. Der Text einer Ketubba ist standardisiert und in aramäischer Sprache – der Sprache des Talmuds – verfaßt. Das Dokument wird in von Zeugen unterschrieben.
Die von der Staatsbibliothek zu Berlin erworbene Ketubba enthält den in der orthodoxen Gemeinde üblichen Text, als Ort wird אצפהאן (Itsfahan) Isfahan im heutigen Iran angegeben. Isfahan war ein Zentrum für die Herstellung von Heiratsurkunden, sowohl nach jüdischem als auch nach islamischem Recht. Illuminiert ist die Ketubba unter anderem von zwei Löwen mit Sonne. Der rote Löwe mit Sonne war bis zur Revolution 1979 das Hoheitszeichen des Kaiserreiches Persien. Der Davidsstern am oberen Rand enthält die Wörter Zion (ציון) (steht für Jerusalem) und Magen David (מגן דוד) (Schild Davids).
Im Dokument findet sich als Zeitangabe der „fünfte Tag der Woche, zweiter Tag (des Monats) Nissan 5605“ jüdischer Zeit, das entspricht April 1845 christlicher Zeit, als weitere Ortsangabe findet sich der Fluß Amyeh Dorin (אמיא דורין). Der Bräutigam trägt den Namen Shlomo ben David, die Braut ist Ester, Tochter des Mose. Festgelegt ist auch, dass der Bräutigam der Braut eine Summe von 200 Zuzim (Plural von Zuz – einer jüdischen Münze) im Scheidungsfall zahlen wird. Die Jungfrau Ester, Tochter von Mose bringt eine Mitgift von 180 Zuzim ein.
Der umlaufende Text beginnt mit der aramäischen Segensformel „ein gutes Zeichen und gutes Glück mögen wir haben, mit Hilfe des Himmels“, danach folgt Jesaia (61:9:) „Ihre Nachkommen werden bei allen Nationen bekannt sein und ihre Sprösslinge unter allen Völkern. Jeder, der sie sieht, wird erkennen, dass sie die Saat sind, die der Herr gesegnet hat. (61:10:) Ich will mich sehr (von Herzen) freuen über den Herrn, meine Seele soll jubeln über meinem Gott, denn er kleidet mich in Gewänder des Heils und mit dem Mantel der Gerechtigkeit deckt er mich zu [(עטה יעטני) jüd.-Aram – sich einhüllen – in unserer Ketubba liegt hier allerdings möglicherweise ein Schreibfehler, da die vorhandene Form nicht belegt ist: יעטפני]. Danach folgt noch: „wie der liebliche Bräutigam und für die liebliche Braut“.
Hs. or. 14672 - Rechenbüchlein
2016 erwarb die Staatsbibliothek ein kleinformatiges Rechenbuch, das wohl für Reisezwecke gedacht und geeignet war. Es ist überschrieben mit dem jiddischen Titel וועלטשי פראקטיקא - Ṿelṭshe praḳtiḳa:
Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafftn und Künste von 1731-1754 bringt folgende Definition: „Welsche Practick, Italienische Practick, lat. Praxis Italice wird in der Rechenkunst die Anweisung genennet, wie man sich bey dem Rechnen gewisser Vortheile bedienen kann, durch deren Beyhülffe man etwas besonders und kürtzer oder wohl gar im Kopffe ausrechnen kann. Es gründet sich dieses alles auf die Lehre von der Ration und Proportion. …“ (Sp. 1608).
Unsere Ṿelṭshe praḳtiḳa enthält 92 Rechenaufgaben aus dem kaufmännischen Bereich mit Lösungen. Die Nummerierung erfolgt in arabischen Ziffern und nicht mit den hebräischen Zahlzeichen. Die Handschrift stammt aus dem 18./19. Jahrhundert. Der Einband ist ein mit Pergament bezogener Holzdeckel mit zwei Metallschließen. Auf fol. 64v-66r sind Notizen auf Deutsch (in lateinischer Schrift), die ebenfalls Rechenbeispiele sind.
Hs. or. 14608 - Shiviti
Das 1979 in einem Berliner Antiquariat gefundene Blatt gelangt 2014 als Geschenk in die Orientabteilung zusammen mit anderen orientalischen Manuskripten und seltenen Drucken.
In der Mitte des oberen Drittels steht das Wort Shiviti (שויתי). Shiviti ist das erste Wort von Psalm 16 Vers 8: „שִׁוִּיתִי יְהוָה לְנֶגְדִּי תָמִיד“ – „Ich habe den Herrn beständig vor Augen.“ [wörtlich: שויתי als Piel „hinlegen“, ich lege den Herrn mir immer gegenwärtig.] Als Teil des täglichen Gebetes entwickelte sich das Wort „Shiviti“ schließlich als ein Zeichen für das Gebet selbst. Aus dieser biblischen Grundbedeutung heraus entwickelten sich schließlich im 18. und 19. Jahrhundert meditative Gebetsbilder, wovon unser Blatt ein typisches Beispiel ist: Im Zentrum steht das Tetragramm, der vier-buchstäbige Gottesname, umgeben von kabbalistischen und biblischen Wörtern und Sprüchen in Form des siebenarmigen Leuchters, der Menora, alles in kalligraphischer Ausgestaltung.
Die auf drei Seiten umlaufenden 24 „Wörter“, die aus jeweils drei Buchstaben bestehen, sind der 72-buchstäbige Gottesname, der in der Kabbala wichtig ist. In unserem Fall basieren die Dreiergruppen auf dem Vers Deuteronomium 11,25, der 72 Buchstaben enthält. Diese Buchstaben werden in drei Gruppen zu 24 Buchstaben aufgeteilt:
לֹא-יִתְיַצֵּב אִישׁ, בִּפְנֵיכֶם: פַּחְדְּכֶם וּמוֹרַאֲכֶם יִתֵּן יְהוָה אֱלֹהֵיכֶם, עַל-פְּנֵי כָל-הָאָרֶץ אֲשֶׁר תִּדְרְכוּ-בָהּ, כַּאֲשֶׁר, דִּבֶּר לָכֶם
Die Buchstaben des ersten Teiles bilden den ersten Buchstaben der jeweiligen Dreiergruppe, den zweiten Buchstaben der Dreiergruppe bilden die Buchstaben des zweiten Teils, aber von hinten gelesen, den dritten Buchstaben der Dreiergruppe bilden dann die Buchstaben des dritten Teils, diesmal wieder von vorne:
Also ist die erste Dreiergruppe: ללה, die zweite אכא und so fort, wie es auf dem Blattumrandung am oberen, linken und dem halben rechten Rand geschrieben ist.
Die meisten Shivitis entstanden im 19. Jahrhundert in Osteuropa.
Hs. or. 14653 – Keriat Shema
In einem verzierten Torbogen steht der Titel der Handschrift: סדר קריאת שמע אל המטה Seder Keriat Shema al ha-mitah – Ordnung des Nachtgebetes („Lesen des Shema beim Bettgehen“).
Die aus Italien stammende Handschrift ist auf das jüdische Jahr 5692 datiert, was dem christlichen Jahr 1831/1832 entspricht. Bemerkenswert ist, dass das Gebetbuch von einer Schreiberin gefertigt wurde, nämlich Rachel Manshi. Außerdem liegt der Handschrift ein kleiner Zettel bei, der auf das Jahr 5695 datiert ist, das entspräche dem Jahr 1834/1835.
Kern des „Keriat Shema al ha mitah“ ist das jüdische Grundgebet, das Shema. Es hat seinen Namen vom Vers Deuteronomium 6,4: „Höre (Schema) Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist einzig“.
Die Tora schlägt vor, dass man das Shema rezitiert wenn man aufsteht und wenn man sich nieder legt, vgl. Deuteronomium 6:6f.: „Diese Worte [das Schema], auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst.“
Das „Lesen des Schema ‚auf dem Bett‘ – beim Bettgehen“ war also ein wichtiges biblisches Gebot und der Grundtext wurde in unserer Handschrift durch andere biblische Texte, Erläuterungen und Gebete ergänzt. So beispielsweise das Ribono shel Olam „Herr der Welt“, eine Formel am Anfang des Sündenbekenntnisses.
Hs. or. 14657 – Perek Schira
Die 2015 erworbene Handschrift, ein schmales Bändchen mit Papp-Einband, trägt den Titel Pereq Shirah und ist auf das jüdische Jahr 5459 datiert, was den christlichen Jahren 1698/1699 entspricht. Geschrieben ist die Handschrift in Florenz.
Der Text stammt aus dem Buch Pirke Eliyahu – die „Kapitel des Elias“, der Autor ist Elia Levita (geb. 1469 in Neustadt a. d. Eysch, gest. 1549 in Venedig), auch bekannt unter dem Namen Elia Bachur und Elia Tischbi. Neben seinen Verdiensten als Poet und Massoret, ist er vor allem als Grammatiker in Erscheinung getreten. Zuerst kommentierte er die klassische Grammatik von David Kimchi. Unter dem Einfluss seines christlichen Mäzens, dem Kardinal Aegidius de Viterbo (1469-1532), verfasste er mehrere Werke über die hebräische Grammatik, um seinem Gönner die Erlernung der hebräischen Sprache zu ermöglichen. Die Bücher von Levita zeigen sich durch große Klarheit aus. Sein erstes grammatikalisches Werk war das das Sefer ha-Bachur. Dieses Werk beschäftigt sich mit der regelmäßigen Formenbildung des Nomens und des Verbes. Ergänzend dazu schrieb er das Sefer-ha-Harkavah , das sich mit den unregelmäßigen Formbildungen befasst. Diese beiden kurzen Traktate wurden 1517 beendet und seinem Mäzen gewidmet. Zur gleichen Zeit schrieb er ein drittes grammatikalisches Werk, das auf die beiden anderen Bezug nimmt: das Buch Pirke Eliyahu – die Kapitel des Elias. In diesem Werk behandelt Lévita etymologische und phonetische Fragen. Das Pirke Eliyahu erschien gedruckt 1527 mit einer lateinischen Übersetzung des Humanisten Sebastian Münster.
Wie schon das Sefer ha-Bachur, sind auch die Pirke Eliyahu in vier Teile, und jeder Teil in 13 Unterteile gegliedert. Unsere Handschrift enthält Auszüge aus dem ersten Teil, der Perek Shirah (in Latein Cap. Cantici) überschrieben ist. Die Unterabteilungen werden ha-shir – das Lied – genannt. Unsere Handschrift beginnt mit dem ersten Lied.
Hs. or. 14654 - Mohel-Buch des Moses Oppenheim
Das Beschneidungsbuch des Moses Oppenheim aus Hamburg beinhaltet die Liste von 151 Beschneidungen, die Mitte 1759 bis 1810 kontinuierlich durchgeführt wurden. Die Gesamtheit der Beschneidungen wurde von dem Autor am Ende des Buches auch noch alphabetisch mit der Nummer der Beschneidung aufgelistet. In dem Beschneidungsbuch finden sich auch alle Geburtstage und Namen der Kinder des Moses Oppenheim.
Der Text der jeweiligen Beschneidung besteht aus ca. 5 bis 10 Zeilen, in denen Moses Oppenheim den Tag, Name des Kindes, der Eltern und der an der Beschneidung Beteiligten festhält. Wenn es bei der Beschneidung zu Zwischenfällen oder sonstigen erwähnenswerten Begebenheiten gekommen ist, so gingen auch diese in die Beschreibung ein. Der Text ist in Hebräisch und Jiddisch verfasst.
Das vorliegende Manuskript stellt es eines der frühesten Beschneidungsbücher der Hamburger Gemeinde dar; in ihm ist eine Vielzahl der Hamburger jüdischen Familien und ihre Familienbeziehungen festgehalten, die anderweitig nicht erfasst wurden.
Hs. or. 14586 – Kalenderhandschrift Berlin 1773
Der handgeschriebene Kalender aus dem Jahre 1773 wurde von Schimon Falk anlässlich von seiner Reise nach Berlin erstellt. Die angegebenen Zeiten basieren auf den von Rabbiner Rafael Hannover erstellten Zeitenkalender. Diese Kalender sind gerade für Reisende unerlässlich, weil sich die Zeiten für Gebete und andere religiöse Handlungen nach dem Sonnenstand richten und somit in verschiedenen Gegenden variieren.
Die im hier angebotenen Kalender angegebenen Zeiten sind Morgengrauen, Sonnenaufgänge, die Zeiten des Schema-Lesens, die Gebetszeiten, Zeiten der Mittagsgebete, Sonnenuntergänge und das Hervortreten der Sterne.
Alle 12 Monate werden auf 12 Blättern dargestellt. Die konkreten Uhrzeiten werden mit hebräischen Buchstaben, die den Zahlenwert der Minuten und Stunden widergeben, angegeben.
Syrische Handschriften
Hs. or. 14667 – Syrisches Kirchenbuch
Erwerbungen aus dem Bereich des Nahen Ostens sind aufgrund der weltpolitischen Lage selten und schwierig. Diese Neuerwerbung hat eine gesicherte Provenienz.
Es handelt sich um ein Kirchenbuch mit Werken von Yohannan von Mosul, der als nestorianischer Mönch im Kloster „Michael des Engelgleichen“ in der Nähe von Mosul lebte. Seine Schaffenszeit ist in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts zu datieren. Enthalten sind u.a. die Werke „Buch der Schönheit des Wandelns“, „Über die Leitung der Novizen von Johannes von Dalyata (8. Jh.)“, zwei Beispielerzählungen über die Führung der Novizen, „Memra über die vorhergehenden Erzählungen“, „Abhandlung über die Sprichwörter Salomons, des Sohnes Davids“, „Abhandlung. Sammlung von nützlichen Worten aus der Weisheit Simon des Weisen, der sich bar Sira nannte, d.h. Sohn des Staubes“, „Abhandlung über ausgewählte Worte aus dem Qohelet“; von Johannes b. Penkaye (8. Jh.) findet sich eine „Nützliche Abhandlung“ und enthalten ist auch ein Wechselgesang (Onita) über die Sprichworte des Simon von Schaqlawa (1. Hälfte des 13. Jh.).
Geschrieben wurde die Handschrift vom Diakon Yalda aus Mosul, abgeschlossen wurde sie am 6. Tage des Monats II. Tischri (November) des Jahres 1995 griechischer Zeitrechnung (Seleukidenära), d.i. das Jahr 1684. Als Ort wird das Dorf Alqosch angegeben.
Armenische Handschriften
4 A 54589 ORR - Armenische gedruckte Zauberrolle mit handschriftlichen Einfügungen
Armenische Zauber und Gebetsrollen (Հմայիլ) wurden traditionell von Hand geschrieben, mit Bildern von populären Heiligen geschmückt und dienten dem Besitzer zum Schutz vor Krankheit und Unglück. Diese kürzlich erworbene Papier-Rolle ist 830 cm lang und 9 cm breit und entstand 1717 in der Druckerei Grigor Marzvanetsi in Konstantinopel. Sie ist eines der seltenen Beispiele einer gedruckten Zauber-Rolle – die Bilder wurden allerdings von Hand nachkoloriert.
Für die Restaurierung des teilweise brüchigen und verklebten Objektes werden weitere Buchpaten und Buchpatinnen gesucht.
Drei Armenische Medizinhandschriften
Zwischen 2007 und 2017 konnten drei äußerlich unscheinbare, aber inhaltlich umso interessantere armenische Medizinhandschriften des 15. bis 18. Jahrhunderts erworben werden (Hs. or. 14082, Hs. or. 14556, und Hs. or. 15056). Alle drei stammten aus der Bibliothek eines armenischen Arztes und Gelehrten aus Konstantinopel. Dr. Vahram Torkomian (oder: T’orgomean, 1858–1942), einem prominenten Mitglied der armenischen Gemeinschaft der osmanischen Hauptstadt und über 20 Jahre Leibarzt des Prinzen Abdulmecid. Dr. Torkomian interessierte er sich für armenische und orientalische Medizingeschichte und sammelte historische Handschriften, die er auch katalogisierte und publizierte. Über zwei unserer Neuerwerbungen finden sich z. B. seine ausführlichen Beschreibungen in der armenologischen Zeitschrift ,Handes amsoreay‘ der Wiener Mechitaristen vom Juli 1892 und 1896.
Hs or 15056 - Armenisches Ärztebuch (Pzskaran)
Ein armenisches Ärztebuch (Pzskaran) das vom 15. bis 18. Jahrhundert in Benutzung war. Es finden sich neben klassischen Medizintexten auch volksmedizinische Traktate (zum Teil mit armenisch-türkischen Passagen) und Rezeptieren. Im hinteren Teil der Handschrift (von 1743) ist eine mehrseitige Tabelle in Gitterform zu sehen, wo verzeichnet wurde gegen welchen Leiden (Durchfall, Verstopfung, Blutfluss etc.) welche Kräutermedizin angewendet werden kann. Viele Besitzer und Schreiber haben in diesem Buch ihre Spuren hinterlassen. Einer von ihnen berichtet, dass er die Handschrift nach alten Vorlagen sorgfältig im Jahr 1191der armenischen Zeitrechnung (= 1742) in der Stadt Tokat beendet hat.
Hs or 14082 - armenische Medizinhandschrift
Eine armenische Medizinhandschrift aus Konstantinopel von 1783. neben armenischen Passagen finden sich auch armenisch-türkische (das ist türkisch in armenischer Schrift). Das Medizinbuch enthält eine magische „Tabelle des Lebens und des Todes“ (Bl. 65r) – damit konnte vorgeblich ermittelt werden, ob ein Kranker überlebt oder nicht.
Hs. or. 14577 - Armenisches Evangeliar
Diese kleinformatige Pergamenthandschrift (14,5 x 11,0 x 5,0 cm) konnte 2014 erworben werden. Sie entstand Anfang des 17. Jh., vermutlich in Nor Julfa, dem armenischen Viertel der persischen Hauptstadt Isfahan. Ein Kolophon (Bl. 182a/b vermerkt den Besitz des Manuskripts durch Khodja Step’annos aus (Nor) Julfa, der diese Handschrift der darum bittet sich seines Vater Gharabek und seiner Mutter Gayianeay und seiner Familie zu erinnern. Ein letzter Besitzervermerk von späterer (ungeübter) Hand stammt aus dem Jahr 1761 (Bl. 183 a). Das kurze Schreiberkolophon (Bl. 113b) beschränkt sich auf die Worte „Gedenkt des Schreibers P‘ilippos“
Es handelt sich um ein verschwenderisch mit Gold und leuchtenden Farben ausgeschmücktes Evangeliar (Markus-Evangelium fehlt) mit klassischem Aufbau.
Auf fast jeder Seite des Manuskripts werden Szenen aus dem Leben Jesu bildlich dargestellt. Auf Bl. 169b ist zu sehen, wie Petrus Malchus, dem Knecht des Hohepriesters Kaiphas, das rechte Ohr abhaut. (Joh 18,10). Das gegenüberliegende Blatt 170a zeigt Jesus gefesselt vor dem Hohepriester Kaiphas (Joh 18,24). Die Angaben zu Parallelen (Synopsen) der anderen Evangelien befinden sich jeweils unterhalb des Textes.
Der Text wurde in sehr regelmäßiger Bolorgir und schwarzer Tinte geschrieben, Die Abschnitte beginnen jeweils mit Gold oder Schmuckinitialen. An den Seiten sind neben bildlichen Darstellung auch farbige Vignetten zu finden, Kapitelanfänge in Goldschrift und Schmuckbuchstaben hervorgehoben. Der Einband ist klassisch, allerdings sind über dem blind-verzierten braunen Leder drei silberne, mit Halbedelsteinen verzierte griechische Kreuze angebracht.
Indische Handschriften
Zwei im Stil der westlichen indischen Malschule illustrierte Handschriften
Hs. or. 14663
Bhadrabāhu: Kalpasūtra. Papierhandschrift. 65 Blätter, 22 Miniaturen. 1450 n. Chr.
Hs. or. 14662
Bhadrabāhu: Kalpasūtra. Papierhandschrift. 136 Blätter, 47 Miniaturen. Undatiert, ca. 1550 n. Chr.
Das Kalpasūtra wird von der Überlieferung dem Bhadrabāhu, zugeschrieben, einem der ältesten und berühmtesten Lehrer der Jainas. Es bildet den 8. Abschnitt des 4. Chedasūtra in der 4. Textgruppe (Aṅga) des jinistischen Kanons (Siddhānta).
Der Text enthält im 1. Abschnitt (Jinacarita) Lebensbeschreibungen der 24 Tirthaṅkaras, beginnend mit der Biographie des Mahāvīra, des Begründers der Jaina-Religion.
Beide Handschriften wurden mit Miniaturen im Stil der westlichen indischen Malschule ausgestaltet, die Episoden aus dem Leben des Mahāvīra sowie der ihm vorausgegangenen Tirthaṅkaras zeigen.
Das längliche Format und die roten Punkte bzw. Ziermedaillons, welche die vormaligen Schnurlöcher markieren, erinnern noch an die Epoche der Palmblatthandschriften. Im Westen Indiens wurde das Palmblatt im 13. und 14. Jh. allmählich durch das Papier als allgemeiner Beschreibstoff ersetzt.
Geschrieben wurden beide Handschriften in der Jaina-Devanāgarī, einer besonderen Ausprägung der nordindischen Devanāgarī -Schrift.
Persische Handschriften
Hs. or. 14649- Wunder der Schöpfung
Abū-Yaḥyā Zakarīyā Ibn-Muḥammad al-Qazwīnī: ʿAǧāʾib al-maẖlūqāt wa-ġarāʾib al-mauǧūdāt („Die Wunder der Schöpfung und Merkwürdigkeiten des Existierenden“)
Papier, 297 Bl., 201 Miniaturen, 1500 n. Chr.
Das jüngst erworbene Exemplar der Kosmologie ʿAǧāʾib al-maẖlūqāt des Qazwīnī wurde im Jahre 1500 (905 d.H.) im Iran kopiert. Der Band enthält 201 fein ausgeführte Miniaturen und zahlreiche Zeichnungen. Dem Stil nach ist es wahrscheinlich, dass die Handschrift in Schiraz entstanden ist. In der Berliner Sammlung befinden sich etliche Abschriften dieses Werkes, darunter einige aus Indien. Die jetzt erworbene Handschrift stellt jedoch eine wichtige Bereicherung dar, da eine so frühe Abschrift aus Persien bisher nicht im Bestand zu finden war.
Hs. or. 14671 - Stiftungsurkunde
Ein auf 1132 h. [1719] datiertes Waqf-Dokument (Stiftungsurkunde) in Form einer Rolle, aus Maschhad.
Aufgezogenes Papier, ca. 52×780 cm
Die Urkunde wurde während der Regierungszeit des Safawiden Šāh Sulṭān Ḥusain (1694–1722) verfasst. Sie handelt von einer gemeinnützigen Stiftung und deren Besitztümern wie verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben, einer Zitadelle, sowie sämtlichen Gebäudekomplexen und Wasserkanälen (qanāts) in den unterschiedlichen Bezirken der südöstlichen Provinz von Isfahan. Ferner finden sich spätere zusätzliche Einträge zu dieser Stiftung (1716), ohne jedoch genaue Angaben zu Lokalitäten der Einrichtungen zu nennen. Darüber hinaus werden zahlreiche Personen wie die Leiter der Stiftung und deren Nachfolger sowie deren Aufgaben und die laufenden Beträge im Dokument erwähnt. Die Gehaltszahlungen auch an verschiedene Gelehrte und vermutlich Kultusangestellte aus Mekka, Medina, Nagaf, Karbala, Samarra, Kazamain und Maschhad sowie detaillierte Angaben zu ihren Aufgaben und Pflichten werden angeführt.
Arabische Handschriften
Sammlung Lo Vetro
Im November 2017 erwarb die Orientabteilung von einer in den italienischen Alpen ansässigen Familie eine größere Sammlung orientalischer Handschriften. Diese wohl eher etwas ungewöhnliche Provenienz für orientalische Handschriften erklärt sich durch die Familiengeschichte der Lo Vetros: Schon der Urgroßvater lebte mit seiner Familie in Nordafrika. Klingt die Anzahl von ca. 350 Handschriften zunächst vielleicht noch als überschaubar, so sind es doch mehr als neun Regalmeter, die die Sammlung Lo Vetro im Handschriftenmagazin der Staatsbibliothek jetzt einnimmt. Die Handschriften sind in den Sprachen Arabisch, Osmanisch-Türkisch und Persisch verfasst. Eine genauere Bestimmung und vor allem auch Katalogisierung ist in Arbeit.
Es handelt sich um sogenannte Gebrauchshandschriften, die vor allem für die Nutzbarmachung der enthaltenen Texte angefertigt und nicht für repräsentative Zwecke besonders kunstvoll ausgeführt worden sind. Es gibt daher fast keine illuminierten Eingangsseiten, und wenn dann nur in schlichter Ausführung ohne künstlerischen Anspruch.
Insgesamt kann vom allgemeinen Zustand der Handschriften davon ausgegangen werden, dass sie über einen längeren Zeitraum einer intensiven Nutzung unterlagen. Dies schlägt sich sowohl in den vielfältigen Lesereinträgen, Kommentaren und Korrekturen, als leider auch in dem generell stark abgenutzten Zustand der Handschriften nieder. In den einzelnen Bänden sind diverse Eignerstempel und -einträge erhalten; oft mehrere in einem Buch. In sehr vielen der Handschriften ist ein waqf-Eintrag vorhanden, also eine Stiftung des jeweiligen Buches zu einem bestimmten Zweck; zumeist für eine Bibliothek oder Moschee.
Trotzdem macht aber gerade die intensive Nutzung und ihre Spuren in den Originalen diese Sammlung auch sehr wertvoll für die Wissenschaft. In mehreren Projekten werden zurzeit diese sogenannten „Handschriftenvermerke“ wissenschaftlich erforscht und soweit wie möglich in einem rekonstruiertem Netzwerk der Gelehrsamkeit in familienhistorische sowie in soziale, kulturelle und politische Zusammenhänge der osmanischen Zeit gebracht.
Ankauf von 14 jemenitischen Handschriften
Aus einem Londoner Antiquariat konnte 2018 eine interessante Privatsammlung von 14 jemenitisch-arabischen Handschriften (Hs. or. 15078 – 15091) der zaiditischen Glaubensrichtung erworben werden. Der Vorbesitzer hat sie in den 1980er Jahren auf einer Londoner Auktion erworben. Es handelt sich also nicht um Handschriften, die im Zuge der aktuellen dramatischen Ereignisse im Jemen aus dem Land gelangt sind. Die in Leder gebundenen Folianten sind Abschriften zaiditischer theologischer Werke aus dem 15. bis 19. Jahrhundert. Die Zaiditen sind eine eigenständige schiitische Richtung im Islam, deren Ursprung auf innerschiitische Differenzen im Irak des 8. Jahrhunderts zurückgeht, die aber seit mehreren hundert Jahren nur noch im Jemen überlebt hat. Einige repräsentative Bände der Sammlung stammen aus der Privatbibliothek des jemenitischen Herrschers al-Manṣūr al-Qāsim (gest. 1620). Ihm und seinen Nachfolgern gelang die zwischenzeitliche Befreiung von den türkischen Besatzern.