Musik

Erschließung, Digitalisierung und Online-Präsentation des Historischen Archivs des Musikverlags Schott

Mit dem historischen Archiv des 1770 gegründeten Musikverlags B. Schott's Söhne (seit 2006: Schott Music), das im Jahr 2014 von einem Konsortium aus der Staatsbibliothek zu Berlin, der Bayerischen Staatsbibliothek München und sechs weiteren Institutionen mit maßgeblicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder sowie weiteren Zuschussgebern erworben wurde, gelangte das in einzigartiger Geschlossenheit und Fülle überlieferte Archiv eines der bedeutendsten deutschen Musikverlage in öffentlichen Besitz.

Historisch gewachsen, war es seit langem in mehrere Teilarchive gegliedert: in das Herstellungsarchiv mit den Stichvorlagen und Exemplaren der produzierten Ausgaben, ein separates Erstausgabenarchiv für die Jahre 1925 bis ca. 1950, das sogenannte "Alte Schott-Archiv" mit Musikmanuskripten und weiteren Quellen, die unabhängig von der Verlagstätigkeit gesammelt wurden, sowie in das Geschäftsarchiv, das die Briefe an den Verlag, Kopierbücher mit Abschriften der ausgehenden Korrespondenz sowie Stich- und Druckbücher umfasste, in denen der Herstellungsprozess der Ausgaben dokumentiert ist. Besonders wichtige und wertvolle Musikautographe und Briefe wurden seit 1990 aus dem Herstellungs- und Geschäftsarchiv separiert und in einem eigenen Safearchiv zusammengefasst.

Mit dem Erwerb gelangten die Hauptanteile des historischen Schott-Archivs in die beiden Staatsbibliotheken, wobei die Aufteilung im Wesentlichen entlang der genannten, bereits im Verlag etablierten Gliederung in verschiedene Archivbereich erfolgte:

Die Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin übernahm den Großteil des Safearchivs mit rund 65.000 Briefen und Schriftstücken sowie ungefähr 400 Musikautographen, darunter Briefe von Richard Wagner, Hans von Bülow, Hugo Wolf und Gustav Mahler sowie Musikautographe von Jean Françaix, Bohuslav Martinů und Luigi Nono.

Das Herstellungsarchiv einschließlich des Erstausgabenarchivs, das „Alte Schott-Archiv“ sowie das Geschäftsarchiv wurden von der Bayerischen Staatsbibliothek erworben. Weitere, auf einzelne Komponisten bezogene Quellenkonvolute gelangten in das Beethoven-Haus Bonn, die Carl-Orff-Stiftung, die Fondation Hindemith, das Max-Reger-Institut / Elsa-Reger-Stiftung, die Akademie der Künste Berlin (Bernd Alois Zimmermann) sowie die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Frankfurt am Main (Engelbert Humperdinck).

Im Sommer 2017 starteten die Staatsbibliotheken in Berlin und München ein gemeinsames, von der DFG gefördertes Projekt, in dessen Rahmen in den kommenden Jahren die auf die beiden Bibliotheken entfallenden Musikalien, Briefe und Dokumente – soweit unter rechtlichen Aspekten zulässig – kooperativ erschlossen, digitalisiert und über eine übergreifende Präsentationsplattform (Schott-Portal) präsentiert werden. Die Primärerschließung erfolgt dabei in den etablierten materialspezifischen Nachweissystemen: für Notendrucke in den jeweiligen Verbund- und allgemeinen Bibliothekskatalogen, für Briefe und Textdokumente im Verbundsystem für Autographe und Nachlässe „Kalliope“ und für Musikhandschriften in der Datenbank des Internationalen Quellenlexikons der Musik, RISM. Ebenso werden die Digitalisate im Rahmen der üblichen Digitalisierungsverfahren der besitzenden Bibliotheken angefertigt und in die jeweilige Digitale Bibliothek eingestellt.

Über die reine Formalerschließung hinausgehend werden in der Staatsbibliothek zu Berlin ausgewählte Korrespondenzen aus dem Safearchiv auch inhaltlich erschlossen und die darin erwähnten Personen und Werke identifiziert und dokumentiert, um exemplarisch eine auf einige Komponisten beschränkte Datengrundlage für eine weitergehende systematische Erforschung solcher Aspekte bereitzustellen.

Zentrales Element des Projektes ist das Schott-Portal, in dem die in den verschiedenen Datenbanken erfassten Erschließungsdaten anhand standardisierter Schnittstellen in einem gemeinsamen Index zusammengeführt werden. Damit wird eine integrierte Recherche über den Gesamtbestand möglich. Normdatenverknüpfungen mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) stellen dabei ein einheitliches Retrieval sicher und erlauben die Relationierung zusammengehöriger Dokumente. Die zugehörigen Digitalisate werden über iiif-Technologie (International Image Interoperability Framework) in den Viewer des Portals eingebunden, so dass eine Präsentation aller Objekte in einer einheitlichen Oberfläche ohne redundante Datenhaltung möglich wird. Auf diese Weise wird der Forschung trotz der Aufteilung des Archivs auf mehrere Institutionen die Möglichkeit geschaffen, das Schott-Archiv unter einer gemeinsamen Oberfläche zu durchsuchen und zu großen Teilen auch standortunabhängig weltweit über das Internet einzusehen.