Orient
Digitalisierungsprojekte
Auf dieser Seite informieren wir Sie über abgeschlossene und laufende Digitalisierungsprojekte. Seit 2010 werden kontinuierlich orientalische Handschriften im Digitalisierungszentrum der Staatsbibliothek zu Berlin digitalisiert. Dies geschieht über Drittmittel sowie mit eigenen Ressourcen finanzierte Projekte. Eine weitere Säule bilden Digitalisate, die auf Bestellung von Benutzer*innen angefertigt werden. Unter den orientalischen Handschriften sind derzeit 9.067 Bände vollständig digitalisiert (Stand Oktober 2022) und überwiegend bereits in den Digitalen Sammlungen verfügbar. Bereits vollständig digitalisiert sind sämtliche 40.000 Textfragmente der Turfansammlung (Depositum der BBAW an der Staatsbibliothek zu Berlin). Das Material ist bereits teilweise zugänglich und wird voraussichtlich Ende des Jahres vollständig mit Digitalisat über Qalamos verfügbar sein.
Digitalisierung christlich-orientalischer Handschriften (Armenisch-Syrisch-Koptisch) gestartet
Seit Januar 2022 setzt die Orientabteilung der Staatsbibliothek ein weiteres Digitalisierungsprojekt um. Jene 62 armenischen, 77 koptischen und 220 syrischen Handschriften, die bisher noch nicht digitalisiert waren, werden in Zukunft in der Datenbank Qalamos und in den Digitalen Sammlungen der SBB mit hochauflösenden Images und Beschreibungen präsentiert werden können. Die Orientabteilung der Staatsbibliothek bewahrt insgesamt 134 armenische, 111 koptische und 390 syrische Handschriften auf. Nach Abschluss des Projektes wird dieses Bestandssegment für Forschende und alle Interessierten vollständig elektronisch zugänglich und erschlossen sein.
Schriftzeugnisse der „Völker des Buches“ im Vorderen Orient und Nordafrika bilden eine besonders faszinierende Gruppe unter den 42.000 orientalischen Handschriften der Berliner Staatsbibliothek. Die Zahl der Objekte, die dem Christlichen Orient oder in der jüdischen Tradition wurzelnden Gemeinschaften in diesen Regionen zugehörig sind, beträgt etwa 1.700 Bände, davon sind rund 1.200 verschiedenen christlich-orientalischen Gemeinschaften zuzuordnen. Zu den Sprachen, die diese Schrifttraditionen repräsentieren, gehören Syrisch, Arabisch, Armenisch, Koptisch, Amharisch, Altäthiopisch (Geez) und Georgisch.
Digitalisierung eines Bildarchivs der ältesten Koranfragmente aus Sanaa/Jemen (2021)
Im Jahr 2019 erwarb die Orientabteilung das Bildarchiv des Saarbrücker Kunsthistorikers Dr. Hans-Casper Graf von Bothmer. Es enthält Mikrofilme, Farbdias und Fotoabzüge der Fragmente von 926 Koranhandschriften, die 1971/72 bei Restaurierungsarbeiten in der Großen Moschee von Sanaa entdeckt wurden. Diese Koranfragmente werden heute im Dār al-Maḫṭūṭāt („Haus der Handschriften“, Sanaa, Jemen) aufbewahrt. Es ist eine der umfangreichsten Sammlungen früher Koranhandschriften weltweit, die gleichzeitig am wenigsten bekannt und für die Forschung weitestgehend unzugänglich ist. Die Fragmente gehören zu den ältesten islamischen Schriftzeugnissen überhaupt und reichen bis ins 7. Jh. zurück. Im Rahmen des Deutsch-Jemenitischen Handschriften-Projektes wurden die Handschriften dokumentiert, restauriert und verfilmt. Dieses Projekt wurde von 1980 bis 1997 vom Kulturerhalt-Programm des Auswärtigen Amtes gefördert. Als Teil des schriftlichen Kulturerbes der Menschheit sind diese handschriftlichen Zeugnisse für die kulturgeschichtlich interessierte Öffentlichkeit von großer Bedeutung. Ihre Relevanz für die Koranforschung, die Islamwissenschaft und die islamische (Buch-) Kunstgeschichte kann ebenfalls kaum überschätzt werden. Die Sammlung umfasst ca. 24.000 MF-Aufnahmen sowie etwa 5.000 Dias und Abzüge. Die Digitalisierung der Fotomaterialien ist abgeschlossen. Das Digitalisierungs- und Erschließungsprojekt wird durch großzügige Förderung mit Mitteln des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) ermöglicht.
Digitalisierung arabischer Volksromane (2020 bis 2024)
Im Jahr 2020 startete die Digitalisierung eines wichtigen Bestandes arabischer Literatur, der sogenannten Volks- oder Heldenromane, die über viele Jahrhunderte mündlich tradiert wurden und von denen es nur wenige Schriftzeugnisse gibt. Die Sammlung ist von großer literaturgeschichtlicher aber auch sprachwissenschaftlicher Bedeutung, da sie u.a. Textzeugnisse des Mittelarabischen bewahrt. Der überwiegende Teil der etwa 800 Bände umfassenden Bestandsgruppe stammt aus dem Besitz des Orientalisten Johann Gottfried Wetzstein (1815–1905), der diese um 1860 in Damaskus erwarb. Zu den wichtigsten Werken zählen der ʿAntar-Roman, die Sīrat Ḏat al-Himma, die Sīrat al-Malik Baibars und nicht zuletzt die Geschichten aus 1001 Nacht (Alf laila wa laila). Die Sīrat Banī Hilāl, ein Epos, das die Ausbreitung des arabischen Beduinenstammes der Banī Hilāl nach Nordafrika im Mittelalter zum Gegenstand hat, sind bei der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit registriert. Die Bände sind überwiegend jüngere Abschriften aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Sie stellen aufgrund ihrer Leser- und Besitzereinträge wichtige Quellen zur Erforschung der Rezeptionsgeschichte dieser Werke dae und sind bedeutende Zeugnisse der arabischen Buchkultur.
Das Digitalisierungsprojekt umfasst sämtliche Handschriften, die im Katalog der arabischen Handschriften von Wilhelm Ahlwardt, Band 8, unter der Überschrift „Große Romane“ beschrieben sind. Das Projekt wird voraussichtlich Ende 2024 abgeschlossen sein.
Digitalisierung der hebräischen Handschriften
Aufgrund einer großzügigen Spende kann im Bereich der hebräischen Handschriften ein umfangreiches Digitalisierungsprojekt durchgeführt werden. Das Projekt umfasst zwei Teile: die Restaurierung der Bibel Erfurt 1 und die Digitalisierung aller hebräischer Handschriften im Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin.
Die Restaurierung der Bibel Erfurt 1 (Band 1 – Ms. or. fol. 1210)
Bei den Erfurter Handschriften handelt sich um vier Tora-Rollen und elf Kodizes, die – mit einer Ausnahme (Tosefta, Ms. or. fol. 1220) – im mittelalterlichen Aschkenas entstanden sind. Die zweibändige Bibel „Erfurt 1“ stellt mit ihren 584 bzw. 484 Blättern mit den Maßen 60,5 x 44,5 cm und dem Gewicht von ca. 50 kg pro Band die größte hebräische Pergamenthandschrift weltweit dar. In Folge der viel beachteten Restaurierung des schwer beschädigten zweiten Bandes der Bibel in den Jahren 1999–2007 und mit dem Wiederaufbau der Alten Synagoge in Erfurt begann die wissenschaftliche Erforschung der Erfurter Handschriften. Der erste Band der Bibel konnte aufgrund fehlender Mittel noch nicht restauriert werden und ist somit weder einsehbar noch digitalisierbar. Dies wird von der Forschung als großes Desiderat wahrgenommen. Der gravierendste Schaden an der Pergamenthandschrift ist die Deformierung vieler einzelner Folios, die sich in scharfen Knicken und Verwerfungen parallel zum Falz, vertikal im Pergament verlaufen. Die Arbeit am Buchblock wird mit der Trockenreinigung aller einzelnen Seiten beginnen. Besonders an den Kanten sind diese verschmutzt. Als nächstes geht es darum, die großen Verwerfungen und alle Knicke - soweit es möglich ist - zu glätten. Damit dies in situ, d.h. im gehefteten Buchblock, geschehen kann, wird es nötig sein, bei der in diesem Fall vorliegenden Blattgröße, eine spezielle Vorrichtung eines Spannrahmens zu konstruieren und zu bauen. Wenn diese Vorrichtung zur Verfügung steht, geht es darum, alle einzelnen Blätter, die Längsknicke aufweisen, nacheinander zu glätten. Zuvor wird dafür das Blatt an entsprechender Stelle vorsichtig und langsam lokal gefeuchtet und anschließend gespannt. Durch das anschließende kontrollierte Trocknen spannt und glättet sich das Pergament. Da der Trocknungsprozess unter Spannung erfolgen muss und man währenddessen nicht an anderen Seiten arbeiten kann, handelt es sich unweigerlich um eine sehr zeitaufwändige Arbeitsweise. Dieser Prozess wird voraussichtlich bei ca. 100 von insgesamt 585 Folios durchzuführen sein. Im Anschluss werden noch zahlreiche kleinere Risse an Kanten gesichert und auch die Heftung der ersten Lagen muss stabilisiert, bzw. zum Teil rekonstruiert werden. Zum Schluss wird der aufwändige Kassetteneinband noch gefestigt. Außerdem muss eine spezielle Buchwiege konstruiert werden, damit sowohl eine Digitalisierung als auch eine spätere Benutzung grundsätzlich möglich sein wird ohne Risiko für die Handschrift.
Die Digitalisierung aller hebräischer Handschriften
Fast alle hebräischen Handschriften wurden digitalisiert und sind in Qalamos katalogisiert, bald werden alle auch über die Digitalisierten Sammlungen der Staatsbibliothek verfügbar sein.
Digitalisierung islamischer Miniaturhandschriften
Die Berliner Sammlung orientalischer Handschriften umfasst etwa 310 Bände islamischer Miniaturhandschriften aus den verschiedenen Epochen islamischer Buchkunst. Sie wurden von Buchkünstlern in timuridischen, safawidischen, osmanischen oder moghul-indischen Werkstätten angefertigt. Darunter finden sich so herausragende Objekte wir die Berliner Diez-Alben oder das Jahangir-Album. In einem durch Eigenmittel ermöglichten Projekt wurden diese in den Jahren 2013/2014 vollständig digitalisiert. Neben der Digitalisierung galt das spezielle Augenmerk der Erschließung. Um den Besonderheiten der Materialien zu entsprechen, wurde für die Handschriftendatenbank „Orient-Digital“ ein Modul für Buchkunst entwickelt, in dem nun 8.200 Miniaturen, Illustrationen und Buchschmuck verzeichnet sind und die mit den digitalen Aufnahmen verknüpft wurden. Über diverse Filter können die Buchkunst-Einträge durchsucht werden, so beispielsweise nach dem Typ (Kalligraphie, Illumination, Illustration), nach Motiven als auch einer Volltextsuche. Grundlage für die Erschließung waren die in der Reihe Verzeichnis der orientalischen Handschriften in Deutschland (VOHD) erschienenen Bände „Illuminierte islamische Handschriften“ (Stchoukine et. al. 1971) sowie „Saray-Alben: Diez’sche Klebebände aus den Berliner Sammlungen“ (İpşiroǧlu 1964).
Begleitet wurde das Digitalisierungsprojekt durch umfangreiche konservatorische Maßnahmen in der Restaurierungswerkstatt der Staatsbibliothek zu Berlin, die teils vor und teils nach der Digitalisierung durchgeführt wurden. Einen detaillierten Überblick über die mechanischen und chemischen Schadensbilder und ihrer Behandlung im Projekt finden Sie hier (Beitrag ab. S. 31).
Jemenitische Handschriften
In einem Digitalisierungsprojekt in Kooperation mit dem vom NEH geförderten Portal „The Zaydi Manuscript Tradition“ unter der Leitung von Prof. Sabine Schmidtke (Institute for Advanced Study, Princeton) wurden 214 jemenitische Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin im Volltext zugänglich gemacht. Mit Abschluss des Projektes im Dezember 2019 sind somit sämtliche arabischen Handschriften aus dem Jemen digitalisiert – exakt 571 Werke in 351 Bänden. Sie können über die Digitalisierten Sammlungen der Staatsbibliothek und das Projektportal aufgerufen werden. Eine vertiefte Erschließung der Materialien findet sich in der Datenbank orientalischer Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin „Orient-Digital“.
Die Sammlung jemenitischer Handschriften an der Staatsbibliothek zu Berlin umfasst zunächst 264 Bände, die der südarabische Forschungsreisende Eduard Glaser (1855–1908) von seinen ersten beiden Expeditionen mitbrachte und 1884 und 1887 an die Königliche Bibliothek verkaufte. Handschriften aus dem Jemen finden sich aber auch in der Landberg-Sammlung, der Sammlung des Reisefotografen Hermann Burchardt (1857–1909) und in vielen anderen Bestandsgruppen. Zuletzt konnte 2018 der Bestand durch einen Ankauf von 14 jemenitischen Codices über das Antiquariat Bernard Quaritch, London, erweitert werden.
vgl. Blog und Christoph Rauch: Alte Arabische Texte aus entlegenen Bergdörfern
Digitalisierung arabischer Handschriften ISMI-Projekt (2010 bis 2013)
Im Rahmen des Projektes „Islamic Scientific Manuscripts Initiative (ISMI)“ wurden in Kooperation mit der McGill-University (Montreal) dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (Berlin) zwischen 2011 und 2012 etwa 500 Bände arabischer Handschriften der Staatsbibliothek zu Berlin aus den Bereichen Naturwissenschaften, Medizin und Philosophie digitalisiert. Die Werke wurden in der dazugehörigen Projektdatenbank erschlossen und präsentiert, sind aber ebenso über die Digitalen Sammlungen der SBB (Digitalisate) sowie die Datenbank „Orient-Digital“ (Metadaten) einsehbar.
Zwischen 2012 und 2014 konnten 1.800 islamische, überwiegend arabische, Handschriften aus der Berliner Sammlung mit Unterstützung des Juma AI-Majid Center for Culture and Heritage in Dubai digitalisiert werden. Für die Digitalisierung ausgewählt wurden seltene und ältere Abschriften verschiedener Wissensgebiete aus den Katalogen von Wilhelm Ahlwardt (Arabisch) und Wilhelm Pertsch (Persisch).
Im Rahmen des derzeit laufenden DFG-Projektes „Orient-Digital“ werden die Metadaten der digitalisierten Handschriften elektronisch erfasst. Damit werden auch die noch nicht in den Digitalen Sammlungen verfügbaren Digitalisate (mehrere Hundert Bände) dieses Projektes in Kürze mit erweiterten Strukturdaten versehen und online verfügbar sein (Stand: 2021).
Schrifttraditionen im Vorderen Orient
Mit finanzieller Unterstützung des Kuratoriums Preußischer Kulturbesitz konnte 2016/2017 eine Auswahl von 220 orientalischen Handschriften digitalisiert werden, die die Vielfalt der religiösen Entwicklungen und geistigen Strömungen im Vorderen Orient und Nordafrika veranschaulichen. Es wurden Handschriften in türkischer, armenischer, äthiopischer, koptischer und syrischer Sprache digitalisiert, mit dem Ziel, die Sichtbarkeit dieser Vielfalt im Netz zu erhöhen und neue Vermittlungsansätze auszuloten. Die Digitalisierung stand daher im Kontext der Entwicklung einer Medienkonzeption für das Pergamonmuseum.
Digitalisierung der Turfan-Sammlung
Zur Turfansammlung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften als Depositum an der Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin gehören ca. 40.000 Fragmente orientalischer Handschriften und Blockdrucke, die zu Beginn des 20. Jh. in der Turfanoase und den angrenzenden Gebieten (heute: Autonomes Gebiet Xinjiang-Uigur, VR China) gefunden wurden und die in ihrer Mehrzahl der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends n. Chr. entstammen. Im Rahmen des dreistufigen DFG-Projekts „Digitalisierung der alttürkischen, iranischen und mongolischen Turfanfragmente" wurden von Oktober 1997 bis Juli 2005 insgesamt 14.480 Fragmente digitalisiert. Am 1. November 2005 startete das zweistufige DFG-Projekt „Digitalisierung der chinesischen, tibetischen, syrischen und Sanskrit-Texte der Berliner Turfansammlung". Die zweite Stufe dieses Projekts, die Digitalisierung, Archivierung und Internetpräsentation im Datenbankformat der syrischen und Sanskrit-Fragmente der Berliner Turfansammlung zum Gegenstand hatte, wurde am 31.12.2012 beendet. Gemäß dem Auftrag der DFG wurde im Rahmen dieses Teilprojekts die Digitalisierung der gesamten Turfantextsammlung der BBAW abgeschlossen. Neben den im Titel des Teilprojekts genannten Sprachgruppen wurden auch weitere kleinere Teil Sammlungen, wie z.B. Xixia, Mandschu und Kharosthi digitalisiert und in die IDP-Datenbank eingearbeitet. Das Digitalisierungsprojekt wurde in Kooperation und mit Unterstützung durch das „International Dunhuang Project (IDP)" (London, British Library) durchgeführt.
Gegenwärtig findet eine Migration der vorhandenen Metadaten aus der IDP-Datenbank in das im Aufbau befindliche Portal orientalischer und asiatischer Handschriften statt. Ein Projekt zur Migration sämtlicher Digitalisate in die Digitalen Sammlungen der SBB-PK ist ebenfalls in Vorbereitung. Zum jetzigen Zeitpunkt können die Digitalisate über folgende Seiten eingesehen werden:
Signaturengruppen: Ch/U, U, Mainz, M, n, So, Ch/So, KS, TS, bs, bi, h, np, Ps, MongHT:
http://www.bbaw.de/forschung/turfanforschung/dta/index.html
Signaturengruppen: Ch, SHT, THT, TibHT, SyrHT, Xixia, Mandschu:
Signaturengruppe: THT: