Handschriften und Historische Drucke

Die Handschriftenkatalogisierung des Eigenbestandes

 

Beschreibender Katalog der Handschriftengruppe Hdschr.
Verantwortlicher Bearbeiter:
Kurt Heydeck
Bd. 3 (Hdschr. 301-456) im Druck.

 

Beschreibender Katalog der Manuscripta latina in folio 243–373

Vom 1. September 2014 bis zum 15. April 2019 wurden mit DFG-Drittmitteln 130 Handschriften der Berliner Reihe ‚Manuscripta latina in folio‘ nach modernen Katalogisierungsprinzipien erschlossen. Bei dem Segment Mss. lat. fol. 243–373 (die Zähldifferenz ergibt sich durch das zwischenzeitlich nach Maastricht abgegebene Ms. lat. fol. 365) handelt es sich um eine zwischen 1828 und 1853 erworbene Bestandsgruppe, die an die Beschreibungen im dreibändigen Katalog Valentin Roses von 1901/05 anknüpft. An der aktuellen Erschließung des Bestandssegments waren neben dem Projektbearbeiter mit Anne Beate Riecke, Dr. Bernd Michael und Kurt Heydeck drei weitere Mitarbeiter*innen mit Eigenmitteln der Bibliothek beteiligt.

Mit 99 mittelalterlichen Handschrift(fragmenten) – davon zwei aus dem 9., eine aus dem 10. sowie sechs aus dem 11. Jahrhundert – sowie 31 (früh)neuzeitlichen Handschriften (zu etwa gleichen Zahlen auf die Zeit vom 17. bis zum 19. Jahrhundert verteilt) weist der Bestand nicht nur eine breite chronologische, sondern auch eine inhaltlich und provenienzgeschichtlich heterogene Struktur auf. Abgesehen der größeren Gruppe von zwölf hoch- und spätmittelalterlichen Codices aus dem Havelberger Dom (Mss. lat. fol. 296–307), von fünf um 1820 in Padua entstandenen Autographen des Panslawisten Joseph Sauerschnigg (Mss. lat. fol. 314–318) sowie von sechs Handschriften(fragmenten), die der Historiker Gotthold Heine 1847 von einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt aus Spanien nach Berlin mitbrachte (Ms. lat. fol. 327; 328,1–2; 328,3; 328,4–5; 328,6–7; 341), sind größere zusammenhängende Besitzprovenienzen im Bestand eher die Seltenheit. Zu nennen sind hier sieben Handschriften aus dem Besitz des preußischen Generalpostmeisters Karl Ferdinand Friedrich von Nagler (Mss. lat. fol. 258–264) sowie sechs aus der Bibliothek des Freiherren Karl Hartwig Gregor von Meusebach (Mss. lat. fol. 350–355). Im Bestand der neuzeitlichen Handschriften finden sich zahlreiche Stücke aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die das breite Spektrum der preußischen Wissenschaft in den Bereichen Philologie, Geschichte, Bibliothekswissenschaft, aber auch in der Medizin und der Naturwissenschaft repräsentieren.

Einer der von Heine der Königlichen Bibliothek vermachten Codices, ein Lukas-Kommentar des Ambrosius in wisigotischer Schrift aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts (Ms. lat. fol. 327), zählt zu den wichtigsten Stücken des Bestandssegments. Die ältesten, nicht minder wertvollen Handschriften sind zwei im frühen 9. Jahrhundert in Südostfrankreich (Burgund?) geschriebene Sammlungen mit Rechtstexten (Mss. lat. fol. 269–270). Zimelien sind ferner eine im 11. Jahrhundert angefertigte Abschrift der ‛Antiquitates Judaicae’ des Flavius Josephus aus dem Benediktiktinerkloster Amorbach (Ms. lat. fol. 263), eine für den Corveyer Abt Wibald von Stablo um die Mitte des 12. Jahrhunderts angefertigte Cicero-Sammelhandschrift (Ms. lat. fol. 252), eine etwas später im Umfeld des Magdeburger Klosters Berge entstandene Abschrift der Frutolf-Ekkehard-Chronik (Ms. lat. fol. 295) sowie eine zeitgleich in Paris geschriebene und mit zahlreichen Miniaturen versehene Sammelhandschrift mit mathematisch-astronomischen Schriften in lateinischer Sprache, die ursprünglich aus dem reichen Erfahrungsschatz arabischer Wissenschaftler stammen (Ms. lat. fol. 307). Überaus wertvoll ist auch ein Set von sechs hochmittelalterlichen Codices aus dem späten 11. und frühen 12. Jahrhundert aus dem Vorbesitz des frühneuzeitlichen Juristen Pierre Pithou aus Troyes (Mss. lat. fol. 271–275). In diesen Handschriften spiegelt sich nicht nur die Entstehung der sogenannten ‚Rechtsschule von Bologna‘ wider, sondern auch der Transfer zivilrechtlichen Wissens im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts an die Universität Paris – und damit ein Vorgang von welthistorischer Bedeutung.

Im Zuge der Erschließung konnte auch das bislang spurlos verschollene ‚Werdener Memorialbuch‘ von etwa 1280 wieder aufgefunden werden (Ms. lat. fol. 334). Demgegenüber ist eine um 1300 in Norditalien entstandene Sueton-Handschrift aus dem Vorbesitz des italienischen Humanisten Francesco Petrarca bereits seit längerem bekannt (Ms. lat. fol. 337). Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert sind an bemerkenswerten Zimelien ein auf ein Holztryptichon aufgezogenes Pergamentplakat mit einem ‚Chronicon universale’ aus Hildesheim (Ms. lat. fol. 325) sowie eine neapolitanische Abschrift von Livius’ Hauptwerk ‚Ab urbe condita‘ (Ms. lat. fol. 370) zu nennen. Wie diese Codices zeichnet sich auch die ‛Apologia poetarum’ des Nürnberger Humanisten Pankraz Bernhaupt von 1504/15 durch einen besonders qualitätvollen Buchschmuck, aber auch durch eine originelle Textfassung aus (Ms. lat. fol. 335). Eine um die Mitte des 15. Jahrhunderts entstandene Sammelhandschrift aus dem Besitz des Leipziger Juristen und Havelberger Propstes Gerardus Rodevoß, die Mitte des 19. Jahrhunderts in einzelne Faszikel aufgelöst worden war, konnte im Zuge der Katalogisierung in den Beständen der Bibliothek fast vollständig rekonstruiert werden, wobei freilich auch der Blick auf andere Fonds der Bibliothek gerichtet werden musste (Mss. lat. fol. 297–302; 305; Mss. boruss. Fol. 719–720; 720a–b). Abgesehen von einem naturwissen­schaftlich und medizinisch geprägten Hausbuch, das ebenfalls um die Mitte des 15. Jahrhunderts am Oberrhein entstand (Ms. lat. fol. 262), ist der Rodevoß-Codex mit seinen eingesprengten Passagen in nieder- und mittdeutscher Sprache die einzige mittelalterliche Handschrift im Bestandssegment, die bedeutende volkssprachliche Passagen überliefert.

Die mittelalterlichen Codices wurden durchwegs nach dem vertieften Erschließungsmodell der DFG erschlossen, die nachmittelalterlichen nach den Richtlinien für neuzeitliche Handschriften. Die Beschreibung erfolgte von Anfang an über MXML mit Verbindung zur Handschriftendatenbank Manu­scripta Mediaevalia, wobei zunächst nach dem Muster der Greifswalder und Bonner Erschließungsprojekte vollständige Inventardaten erschlossen wurden und darauf aufbauend die endgültige Erschließung zusammen mit repräsentativen Farbdigitalisaten zu jedem Stück erfolgte. In einem Begleitprojekt wurden zusätzlich ausgewählte Handschriften im Hause vollständig digitalisiert, mit der Erschließungsdatenbank vernetzt und gemeinsam mit den Katalogisaten kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die Wasserzeichen wurden im Zusammenhang mit ihrer Erfassung, Bestimmung und Überführung in die Datenbank WZIS parallel zur Erschließungsarbeit von einer eigens dafür eingestellten wissenschaftlichen Hilfskraft erfasst und publiziert. Derzeit werden die Erschließungsdaten zur Handschriftengruppe Mss. lat. fol. 243–373 redaktionell überarbeitet sowie ein gedruckter Katalog vorbereitet, der aller Voraussicht nach im Laufe des Jahres 2023 erscheinen wird.


Verantwortlicher Bearbeiter: Dr. Jürgen Geiß-Wunderlich

 

Beschreibende Kataloge der Manuscripta theologica latina in octavo

In dem Projekt wird der nicht durch V. Roses Katalog der "Codices electorales" erfasste Bestand dieser Signaturengruppe entsprechend den DFG-Richtlinien erschlossen. Im 1. Teilband, der im Sommer 2007 erschienen ist, werden Erwerbungen aus den Jahren 1826-1886 beschrieben (Ms. theol. lat. oct. 66-125) - häufig Säkularisationsgut, das zuvor durch die Hände von Sammlern und/oder Antiquaren gegangen war. Bemerkenswert ist die zeitliche Spanne vom 9. bis zum frühen 19. Jh. und die geographische Streuung von Vadstena bis Oberitalien, von Spanien bis Kuronowo (Polen) mit nicht unerheblichen volkssprachlichen Anteilen u.a. in Altschwedisch, Mittelhochdeutsch, Mittelniederländisch, Kastilisch. Die häufig für die private Frömmigkeit genutzten Stücke eröffnen in vielen Fällen den Blick auf bisher wenig bekannte Provenienzen, so dass den historischen Zusammenhängen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden muss. In der 2. Projektphase werden seit dem 1.1.2003 die restlichen 63 Bände (126-189) bearbeitet.

Verantwortliche Bearbeiterin: Dr. Beate Braun-Niehr

 

Ziel dieser Projekte ist die Tiefenerschließung nach den Richtlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Fortsetzung der großen Handschriftenkatalogreihen der Königlichen (später Preußischen bzw. Staats-) Bibliothek in gedruckter Form und online.