Das rechtswissenschaftliche Bestandssegment der Staatsbibliothek zu Berlin umfasst derzeit mehr als 1.25 Millionen Monographien, Zeitschriften, Gesetzesblätter und Entscheidungssammlungen – davon zählen 230.000 Bände zum historischen und nicht selten unikalen Druckschriftenbestand.
Als Sondersammelgebiet erwarb die Staatsbibliothek zu Berlin zwischen 1975 und 2013 mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft gedruckte und elektronische Forschungsliteratur zum ausländischen Recht mit höchster Intensität und umfassender thematischer Reichweite. Im Zuge der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft initiierten Transformation des seit 1949 bestehenden Systems der überregionalen Literaturversorgung unter dem Leitbild der Forschungs- und Nachfrageorientierung hat das Sondersammelgebiet Recht sein Profil geschärft – unter dezidierter Berücksichtigung der im Herbst 2012 von Seiten des Wissenschaftsrats formulierten Analysen und Empfehlungen zu den „Perspektiven der Rechtswissenschaft in Deutschland“. Im Fokus der Erwerbungsaktivitäten des in diesem Zusammenhang konzipierten Fachinformationsdiensts für internationale und interdisziplinäre Rechtsforschung stehen demgemäß sowohl Veröffentlichungen, die den Bereich des nationalen Rechts in europäischer bzw. globaler Perspektive überwinden, als auch Studien, deren Zuschnitt die etablierten Disziplingrenzen zu Gunsten der juristischen Grundwissenschaften und Nachbarfächer überschreitet. Konkret angesprochen sind damit vor allem die folgenden drei Themenfelder:
1. Juristische Grundlagenfächer, insbesondere
- Rechtsgeschichte von überregionaler Bedeutung (d.h. keine Lokalstudien)
- Rechtsphilosophie / Rechtsethik
- Rechtssoziologie
- Rechtsanthropologie
- Rechtstheorie / Critical Legal Studies
- Juristische Methodenlehre
- Rechtsvergleichung
- Rechtsvereinheitlichung
2. Einzelne Rechtsgebiete mit internationalem Bezug, insbesondere
Völkerrecht / International Law bestehend aus:
- Grundlagen des Völkerrechts und Völkergewohnheitsrechts
- Recht Internationaler Organisationen (z. B. UN, EU, WTO)
- Humanitäres Völkerrecht und Kriegsvölkerrecht
- Menschenrechte
- Völkerstrafrecht
- Internationale Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit
- Weitere Teilgebiete wie z.B. internationales Wirtschaftsrecht, Umweltvölkerrecht, Weltraumrecht, Seerecht, internationales Arbeitsrecht u. ä.
Europarecht:
- Recht der Europäischen Union (Literatur zum Primär- und Sekundärrecht)
- Europa-Recht der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (im Kontext der Rechtsharmonisierung / Rechtsvereinheitlichung)
Publikationen zu nationalem Recht mit Bezügen zu Internationalem Recht und Europarecht, z. B.:
- Internationales / Europäisches Privatrecht
- Internationales / Europäisches Strafrecht
- Internationales / Europäisches Prozessrecht
- Internationaler Rechtsverkehr
- Internationales Verfassungsrecht
Recht der Religionsgemeinschaften
Gewohnheitsrecht
3. Interdisziplinäre Grenzbereiche der Rechtswissenschaft, insbesondere rechtswissenschaftliche Publikationen mit Bezug zu angrenzenden Fachdisziplinen, z. B.
- Rechtskultur
- Recht und Gesellschaft
- Governance / Compliance
- Recht und Weltwirtschaftsordnung
- Ökonomische Analyse des Rechts
- Recht und Globalisierung /
- Recht und Migration
- Recht und Umwelt (Klimawandel, Biodiversität)
- Recht und Technik / Technologie
- Recht und Medizin
- Recht und Lebenswissenschaften
- Recht und Sprache / Literatur
- Recht und Kunst / Rechtsikonographie
- Recht und Gender / Feministische Rechtstheorie
Zum Erwerbungsprofil der Staatsbibliothek zu Berlin
Angesichts des sich beschleunigenden und von Seiten des Wissenschaftsrats zusätzlich beförderten Trends zur Internationalisierung der Rechtswissenschaften in Deutschland wird der Erwerbungsschwerpunkt des Fachinformationsdiensts unter sprachlichem Aspekt zunehmend auf englischen Veröffentlichungen liegen. Ausgenommen von dieser erwerbungsstrategischen Entscheidung sind allerdings diejenigen rechtswissenschaftlichen Themenbereiche, die auch in anderen – insbesondere westeuropäischen – Sprachen rezipiert werden. Beispielhaft sei hier das stark von Publikationen auf Französisch und Italienisch geprägte Feld der rechtshistorischen Forschung genannt. Darüber hinaus wird die Rechtsliteratur aus Staaten, deren Publikationsmarkt noch überwiegend von der jeweiligen Landessprache bestimmt ist, auch weiterhin bezogen – darunter vor allem China und Japan, aber auch der gesamte Komplex des Ostrechts.
Mit Blick auf die ebenfalls in dem angesprochenen Strategiepapier des Wissenschaftsrats monierte „Vermehrung der Kommentierungen zu bereits mehrfach kommentierten Gesetzen“ wird der Fachinformationsdienst seine Erwerbungsaktivitäten in diesem Bereich künftig auf die Beschaffung von Kommentarliteratur zu bisher nicht oder nur unzureichend behandelten oder besonders aktuellen Rechtsthematiken konzentrieren. Gleiches gilt zudem auch für Lehr- und Handbücher, die nur dann Berücksichtigung finden können, wenn sie neben ihrer didaktischen Ausrichtung auch einen erheblichen wissenschaftlichen Mehrwert erkennen lassen.