Musik

Joseph Mendelssohn (1770–1848) W

Die Erziehung des ältesten das Kindesalter überlebenden Sohnes von Moses und Fromet Mendelssohn wurde neben Hauslehrern maßgeblich von seinem Vater geprägt, der ihn im Bibelstudium unterrichtete und später auch philosophische Gespräche mit ihm führte – woraus sowohl Moses Mendelssohns Übersetzung des Pentateuchs als auch die 1785 publizierte Schrift Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes hervorgingen.

Die Vielfalt der Interessen des damals 14jährigen Joseph geht aus einem Brief des Vaters aus dem Jahr 1784 hervor, in dem dieser sich Gedanken über die berufliche Zukunft seines Sohnes vor dem Hintergrund der geltenden, die Juden diskriminierenden Gesetze macht: »Seine Anlagen und seine guten Talente zu den gründlichen Wissenschaften lassen in diesem Fach etwas Vorzügliches von ihm erwarten. Als Jude aber kann er blos Arzneykunst treiben, und zu dieser hat er weder Lust noch Genie.« Ein Jahr später hatte Moses daraus dann den Schluss gezogen, »dass ich ihn den Wissenschaften entziehen muß, um einen Knecht des Mammons aus ihm zu machen. Zur Arznei hat er nicht Lust, und als Jude muß er Arzt, Kaufmann oder Bettler werden.«

Dementsprechend dürfte Joseph von seinem Vater in die Aufgaben und Tätigkeiten eines Kaufmanns eingeführt worden sein. Eine formelle Lehrzeit ist jedenfalls nicht bezeugt; nachweisbar ist vielmehr, dass Joseph Anfang der 1790er Jahre als Buchhalter in der Firma Itzig & Co. arbeitete. 1795 gründete er dann eine eigene »Handlung«, die die Keimzelle für das Bankhaus Mendelssohn bildete, das in den folgenden Jahrzehnten zu einer der bedeutendsten Privatbanken in Deutschland aufsteigen sollte und dem Joseph bis zu seinem Tod 1848 mit verschiedenen Teilhabern an seiner Seite vorstand.

1793 heiratete Joseph Mendelssohns die aus Strelitz stammende Henriette Meyer, die Tochter eines Geschäftspartners seines Vaters, der diese Ehe möglicherweise noch zu Lebzeiten arrangiert oder vereinbart hat (schon 1785 hatte Josephs Schwester Recha einen Bruder Henriette Meyers geheiratet). Aus der Ehe Josephs gingen der Geograph (Georg) Benjamin (1794–1874) sowie der Bankier Alexander (1798–1871) hervor, der Teilhaber und Nachfolger seines Vaters werden sollte.

Joseph Mendelssohn war nach Schilderungen von Zeitgenossen ein eher ruhiger und ausgleichender Charakter, der in geschäftlichen Dingen sehr überlegt handelte und mögliche Risiken sorgfältig kalkulierte. Ein Briefzeugnis aus dem Jahre 1843 attestiert ihm, er sei »der einzige, welcher sich von Geschäften, die ihm nicht zusagen, fernhalten kann, und so gern er selbst gewinnen möchte, doch Festigkeit genug hat, gleichsam zuzusehen, wie die anderen Geschäfte machen.« Naturgemäß war auch Joseph Mendelssohn nicht vor geschäftlichen Misserfolgen und Verlusten gefeit; seine nüchterne Art bewahrte ihn indes vor manchen risikoreichen Investitionen, die anderen Banken zum Verhängnis wurden. Möglicherweise waren diese Charakterzüge auch einer der Gründe, weswegen die Zusammenarbeit mit seinem jüngeren Bruder Abraham, den er 1804 in die nunmehr als »J. & A. Mendelssohn« firmierende Bank aufgenommen hatte, auf die Dauer zu Konflikten und Spannungen führte und zum Jahresende 1821 mit dem Ausscheiden Abrahams aus der Bank endete.

Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit betätigte sich Joseph Mendelssohn auch auf zahlreichen Feldern, die im heutigen Sprachgebrauch als bürgerschaftliches Engagement zusammengefasst werden können. Schon 1792 gehörte er zu den Gründern der »Gesellschaft der Freunde«, einem den Idealen der Aufklärung verpflichteten jüdischen Wohltätigkeitsverein. Später initiierte er den Aufbau von Stiftungen, von Versicherungsanstalten und des ersten bürgerlichen Theaters Berlins. Daneben hegte Joseph eine große Leidenschaft für Literatur und verfasste sogar einen Aufsatz über Dante, der anonym gedruckt wurde.


Quellen zu Joseph Mendelssohn in der SBB

Zahlreiche Zeugnisse der Tätigkeit Joseph Mendelssohns als Bankier finden sich in den frühen Dokumenten-Konvoluten aus dem Archiv des Bankhauses Mendelssohn. Daneben sind in dem 1985 erworbenen Familiennachlass Franz (von) Mendelssohn sowie im (Teil-) Nachlass Alexander Mendelssohn umfangreiche Briefwechsel mit seinen Söhnen, seiner Ehefrau und zahlreichen weiteren Korrespondenzpartnern überliefert.

(Teil-) Nachlässe und Konvolute

Briefe und Dokumente

  • Briefe und Schriftstücke von und an Joseph Mendelssohn -> Nachweise in der Datenbank Kalliope

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